Sozialversicherungschef Peter Lehner legt im Hinblick auf die Finanzausgleichsverhandlungen überraschende Forderungen auf den Tisch.
Dachverbandschef Peter Lehner will die Zuständigkeit für die Spitäler von den Ländern zur Sozialversicherung verlagern. Damit könnte ein österreichweite gemeinsame Steuerung der Spitäler und damit mehr Effizienz erreicht werden, meinte Lehner im APA-Interview. Lehner, der mit Jahresbeginn wieder turnusmäßig den Vorsitz in der Konferenz der Sozialversicherungsträger übernimmt, verwies darauf, dass die Sozialversicherung schon mehr als die Hälfte der Spitalsfinanzierung leistet. „Die Mär, dass die Länder die Spitäler finanzieren, ist aus der Welt zu räumen.“ Ursprünglich sei zwar eine Aufteilung von 60 zu 40 zwischen Ländern und Sozialversicherung vereinbart worden. Die 6,98 Milliarden Euro, die die Sozialversicherung 2023 den Ländern für die Spitäler überweisen, seien aber „jedenfalls über 50 Prozent“. Die genaue Zahl sollte im Rahmen der Finanzausgleichs-Verhandlungen auf den Tisch kommen. Dass die Zahlungen der Sozialversicherung steigen, habe nichts mit der Leistung der Spitäler zu tun, sondern liege daran, dass sich der Pauschalbetrag an den Beitragseinnahmen orientiert und diese wegen der guten Wirtschaftslage in den vergangenen Jahren gestiegen seien.
Die Sozialversicherung sei zwar der größte Zahler für die Spitäler, habe aber keine Gestaltungsmöglichkeit. Lehner fordert deshalb, dass die Sozialversicherung eine Gestaltungsrolle aliquot zu ihrer Finanzierung bekommt. Um effizienter zu werden, will der Dachverbands-Chef die „Schrebergarten-Politik“ der Landesspitalsträger mit neun unterschiedlichen Systemen „aufbrechen“ und hält eine österreichweite Spitalssteuerung für die vernünftigste Variante. „Das wäre der große Wurf.“ Zu erreichen wäre das, wenn die Länder die Spitäler an die Sozialversicherung übergeben würden. Die Finanzierung würde zwar nicht die Sozialversicherung allein übernehmen, aber mit einem gemeinsam gespeisten Topf hätte man eine „Finanzierung aus einem Topf“.
Auf die Frage, ob eine solche Variante realistisch sei, meinte der Sozialversicherungschef, dass man jetzt einmal die Forderungen für die Finanzausgleichs-Verhandlungen auf den Tisch lege. Und wenn die Länder jetzt im Voraus mehr Geld verlangen, „dann sehe ich das auch als eine Maximalforderung“. Die vom Wiener Gesundheitsstadtrat Peter Hacker (SPÖ) und seinem Salzburger Kollegen Christian Stöckl (ÖVP) vorgeschlagene, vom Bund finanzierte dritte Säule für Ambulanzen und Primärversorgungszentren hält Lehner für „eine Kreditkarte, mit der man einkaufen geht“. Das sei kein Finanzausgleich, sondern Geldverschiebung.
Dass die Spitäler angesichts des herrschenden Personalmangels mehr Finanzmittel brauchen, glaubt Lehner nicht: „Geld allein ist nicht die Lösung.“ Es gehe darum, das System effizienter zu gestalten, damit die Ressourcen beim Patienten ankommen und nicht in der Verwaltung. Der Dachverbands-Chef will deshalb „den Digitalisierungs-Turbo zünden“. So könnten etwa die Fragebögen für die Spitalsaufnahmen von den Patienten großteils schon zu Hause ausgefüllt werden.
Dass es nach wie vor keinen ÖGK-Gesamtvertrag im ärztlichen Bereich für ganz Österreich gibt, führt Lehner vor allem darauf zurück, dass zwar die neun Gebietskrankenkassen zur ÖGK zusammengelegt wurden, die Ärzte aber immer noch neun Landeskammern haben. Lehner unterstützt damit zuletzt vom Rechnungshof erhobene Forderung, der eine Zusammenlegung empfohlen hatte. Mehr dazu in RELATUS MED. (rüm/APA)