Wiener Wissenschafter haben ein System entwickelt, das öffentliche Förderungen für die Entwicklung neuer Medikamente transparent macht. Sie wollen damit einen Beitrag zur Diskussion über die hohen Preise leisten.
Die Entwicklung von Medikamenten gegen seltene Erkrankungen ist teuer. Da diese nur bei wenigen Patienten eingesetzt werden, sind die Preise sehr hoch – so die Argumentation der Pharmabranche. Wiener Forscher zeigen nun aber, dass die Entwicklungen teils mit öffentlichem Geld in Millionenhöhe gefördert werden, trotzdem aber hohe Preise verlangt werden. Die Wissenschafter fordern nun mehr Transparenz.
Eine Behandlung mit dem Medikament Nusinersen beschere beispielsweise dem Hersteller „Umsätze in Millionenhöhe pro Patient“, wie es am Donnerstag in einer Aussendung des Ludwig Boltzmann Instituts für Health Technology Assessment (LBI-HTA) heißt. Die Gabe des Mittels gegen Spinale Muskelatrophie (SMA) – eine seltene vererbte Erkrankung, die bei Kindern Muskelschwäche hervorruft – schlägt laut US-Angaben im ersten Behandlungsjahr mit rund 680.000 Euro und in der Folge mit etwa der Hälfte pro Jahr zu Buche.
Wissenschafter um die Leiterin des LBI-HTA, Claudia Wild, haben nun eine aufwendige, mehrstufige Suchmethodik entwickelt, mit der sie in einer Vielzahl an Datenbanken nach öffentlichen und privat-philanthropischen Einrichtungen suchten, die die Entwicklung eines Medikaments gefördert haben. Angewandt haben sie diese Methode an Nusinersen und zwei weiteren Medikamenten. Auf mehr als „40 öffentlich sowie philanthropisch geförderte Projekte“ mit einer Förderhöhe von 165 Millionen Euro stießen die Forscher im Zusammenhang Forschung und Entwicklung zu SMA, wie sie in ihrem Projektbericht darlegen. Davon waren 20 Millionen Euro direkt auf das Produkt Nusinersen bezogen.
Förderungen „wurden zu unterschiedlichen Stadien der Entdeckung und Entwicklung des Medikaments aus öffentlichen oder philanthropen Quellen bereitgestellt. Verkauft werden die Medikamente durch Pharmaunternehmen“, so Wild. Hier handle es sich um eine durchaus gängige Praxis, die aber oft nicht gerne gehört werde. Es gebe bereits weitere erste Studienergebnisse, die darauf hindeuten, dass mehr oder weniger alle zugelassenen Medikamente in hohem Ausmaß öffentlich vorfinanziert sind, erklärte die Studienleiterin. Gerade weil die hohen Kosten für Forschung und Entwicklung „von den Herstellern oft als Grund für hohe Medikamentenkosten angegeben“ würden, sei es wichtig, dass öffentliche Forschungsförderung nachvollziehbar eingesehen werden können. Das sei „aber nicht gegeben“, so Wild. (APA)