In den vergangenen 20 Jahren sind in Deutschland rund 20 % oder 4000 Apotheken verschwunden. Die Regierung will nun gegensteuern, könnte das Problem aber auch verschärfen.
Was tun, wenn die Liberalisierung des Apothekenmarktes, der Preisdruck und die Onlinekonkurrenz immer mehr Apotheken verschwinden lassen? Die deutsche Bundesregierung setzt als Antwort auf noch mehr Liberalisierung. Rund 21.500 Apotheken gab es im Jahr 2000, zuletzt waren es noch knapp über 17.000. „Der Fachkräftemangel, ein wachsendes Stadt-Land-Gefälle in der Bevölkerung sowie die Abwanderung in andere Beschäftigungszweige können perspektivisch zu Versorgungseinschränkungen in der Fläche führen. Der Erhalt eines flächendeckenden Apothekennetzes mit persönlicher Vor-Ort-Beratung ist von zentraler Bedeutung für die Arzneimittelversorgung. Es besteht Handlungsbedarf, um die flächendeckende Versorgung mit Arzneimitteln mittel- und langfristig weiterhin zu sichern“, heißt es in der Einleitung eines Gesetzesentwurfes.
Nun sollen Honoraranreize für Apothekenstandorte in ländlichen Regionen geschaffen und eine gerechtere Verteilung der Honorare erreicht werden. Nacht- und Wochenenddienste sollen besser bezahlt, die Apothekenvergütung erhöht werden. Die Gründung von Apotheken soll erleichtert und entbürokratisiert werden. Zudem soll die Gründung von Zweig- und Filialapotheken erleichtert und forciert werden. Die Digitalisierung soll insbesondere mit der Telepharmazie, also der Nutzung interaktiver Videoverbindungen in der Beratung durch Apotheken, ausgebaut werden. Impfmöglichkeiten in Apotheken werden für eine Erhöhung der Impfquoten bei bestimmten impfpräventablen Erkrankungen erweitert.
Den Mehrkosten stünden, so die Regierung, Einsparungen durch die Flexibilisierung des Personaleinsatzes gegenüber. Konkret: „Durch die Aufhebung der ständigen Dienstbereitschaft und die Flexibilisierung der Öffnungszeiten öffentlicher Apotheken entstehen für Apotheken Einsparungen durch die Möglichkeit eines geringeren Personaleinsatzes.“ Bei voller Nutzung der flexibleren Öffnungsmöglichkeiten bestünde grundsätzlich die Möglichkeit, die Wochenöffnungszeiten um 19,5 Stunden zu reduzieren. Die Regierung rechnet vor: Bei einem angenommenen monatlichen Bruttomonatsgehalt für eine Apothekerin oder einen Apotheker in Höhe von 4.200 Euro und für eine pharmazeutisch-technische Assistentin oder einen pharmazeutisch-technischen Assistenten in Höhe von 2.900 Euro könnten sich für eine Apotheke Gehaltseinsparungen von etwa 1.300 Euro monatlich ergeben. „Wenn beispielsweise die Hälfte der Apotheken entsprechende Reduzierungen vornehmen würden, könnten ungefähr 11,4 Millionen Euro eingespart werden.“ Der Schuss könnte aber nach hinten losgehen: Beobachter:innen fürchten eine Kündigungswelle und damit einhergehend, dass die Berufe in den Apotheken unattraktiver werden. Der Personalmangel könne so zunehmen. (rüm)