Was plant die neue Koalition aus ÖVP, SPÖ und NEOS im Arzneimittelbereich? RELATUS hat das am Donnerstag präsentierte Regierungsprogramm unter die Lupe genommen.
Gesundheit bekommt in der neuen Regierung ein eigenes Staatssekretariat – angesiedelt im Mega-Ressort für Arbeit, Soziales, Pflege, Konsument:innenschutz und eben Gesundheit. Ein zentrales Element soll auch die Versorgungssicherheit im Arzneimittel-Bereich sein. Dazu soll eine Life-Sciences-Strategie für den Pharma- und Gesundheitsstandort erarbeitet werden. Wie das aussieht ist unklar – offenbar kommt der Punkt aber von der Pharmaindustrie, die den auch europaweit und in anderen Mitgliedsländern sowie der Schweiz einfordert.
Kern in Österreich: die Planungssicherheit durch dauerhafte Regelungen zur Preisgestaltung mit einer Verlängerung der Preisbildung- und Preisbandregelung (Generika und Biosimilar) für die Dauer der Gesetzgebungsperiode. Die Richtlinienkompetenz der Sozialversicherung im Bereich der Parallelimporte für die Dauer der Gesetzgebungsperiode wird verlängert. Zudem sollen Anreize für EU-Produktion und Diversifikation der Lieferketten „unter Berücksichtigung der ausreichenden Belieferung“ geschaffen werden. Eine eigene Task Force und weitere Maßnahmen sollen Lieferengpässe transparent machen.
Die Rezeptgebührenobergrenze wird hin zu einer Arzneikostenobergrenze unter besonderer Berücksichtigung von Pflegesettings weiterentwickelt. Dazu werden die tatsächlich verbliebenden Einkommen für eine Rezeptgebührenbefreiung herangezogen. Zentral für Apotheken wird die Verpflichtung im Hinblick auf die „Datenlieferung an die Sozialversicherung von Verordnungs- und Abgabedaten von Heilmitteln unter der Kostenerstattungsgrenze“ sein.
Ein Erfolg im pharmazeutischen Bereich ist eine „verpflichtende Gesamtmedikationsanalyse bei Polypharmazie-Patientinnen und -Patienten vor der Krankenhausentlassung durch klinische Pharmazeutinnen und Pharmazeuten und/oder Pharmakologinnen und Pharmakologen“ durch eine Verankerung im Krankenanstalten- und Kuranstaltengesetz (KaKuG).
Prävention und Gesundheitskompetenz sollen generell weiterentwickelt werden. Dabei sollen Frühversorgungs- und Früherkennungsprogramme sowie das Impfangebot ausgebaut werden. Alle Impfungen, die im nationalen Impfprogramm empfohlen werden, sollen nach wissenschaftlicher Priorisierung kostenlos angeboten werden. Weiters soll die Demenzstrategie aktualisiert werden. Gesundheitsförderungsprogramme sollen zusammengeführt werden, Anreizmodelle für Prävention, insbesondere betriebliche Gesundheitsförderung, sollen ausgebaut werden. Neu sollen im Bereich der Versorgung klare, verbindliche und qualitätsgesicherte Versorgungspfade nach bundeseinheitlichen Standards sein. Zudem sollen Gesundheitslots:innen geprüft werden.
Im Hinblick auf die wirtschaftlich angespannte Situation der Krankenversicherungen überrascht die Formulierung, der „dauerhaften Einbeziehung der Leistungsempfängerinnen und Leistungsempfänger in die Krankenversicherung“. Basis sollen „One-Stop-Shop zur Prüfung der Einkommenssituation“ sein. Ob das eine Auf- oder Anhebung der Höchstbeitragsgrundlage bedeutet, ist offen. Fix ist, dass der Krankenversicherungsbeitrag für Pensionist:innen erhöht wird. Gleichzeitig soll aber die Rezeptgebühr zumindest im ersten Jahr eingefroren werden. Weiters soll eine Expertengruppe „neue Formen der Finanzierung“ erarbeiten. (rüm)