„Dienstleistungsangebot muss finanziert werden“

© Apothekerkammer

Der Personaldruck steigt, der Kostendruck auch. Gleichzeitig gibt es international Trends, die Apotheken betreffen. RELATUS sprach mit dem Präsidenten des Verbandes der angestellten Apotheker:innen und Vizepräsidenten der Apothekerkammer, Raimund Podroschko.

In unseren Umfragen beklagen Apotheker:innen den wachsenden Personaldruck in Apotheken – warum ist das so, welche Lösungen gibt es? Es sind vor allem die Selbstständigen, die hier über einen Personalmangel sehr laut jammern, aber wenig tun. Es hat einen Mangel an Personal gegeben, das hat sich aber wieder relativiert. Die Arbeitsmarktstatistik könnte besser, aber auch schlechter sein. Es geht auch um die Rahmenbedingungen und die versuchen wir zu verbessern. Für die kommenden Kollektivvertragsverhandlungen sind alle Termine ausgemacht. Wir konnten viele junge, engagierte Apotheker:innen von unseren Young Pharmacists dafür gewinnen, dass sie sich gemeinsam mit den arrivierten Kolleg:innen ein neues VAAÖ KV-Team bilden, wofür ich mich herzlich bedanke! Die verpflichtende Fortbildung beschäftigt viele, hier sind wir für alle Lösungen von Seiten der Arbeitgeber offen und hoffen, eine endlich eine Einigung, die für beide Seiten fair ist, zu erzielen. An uns wird es nicht scheitern.

Sie sind in mehreren internationalen Gremien vertreten. Was sind die Trends und Entwicklungen, die sie beobachten? Künstliche Intelligenz ist das zentrale Thema – auch für die Apotheken. Wir können zwar so tun, als würde es uns nicht angehen, aber es passiert trotzdem. Künftig wird eine gemeinsame Beratung von KI und Apotheker:innen die beste Lösung sein. Das kann enorme Vorteile für unsere Arbeit haben. Wir können das für uns nützen, etwa in Regionen wo es nicht viele Ärzt:innen gibt. Die telemedizinische Beratung mit Hilfe der KI wird stark zunehmen. Auch was die Entwicklung von Arzneistoffen betrifft spielt KI eine wichtige Rolle. Andere internationale Themen sind nach wie vor die Fälschungsrichtlinie und der European-Health Data Space. Hier geht es in die Richtung, dass alle Patient:innen die Möglichkeit zum Optout haben sollen und vor allem eine nationale Zuständigkeit in Gesundheitsfragen bleibt.

Wie ist der Stand der geplanten EU-Pharma-Richtlinie? Hier konnten wir schon einige Dinge für die Apotheken entschärfen. So hätte etwa die magistrale Rezeptur mehr oder weniger abgedreht werden sollen – die Herstellung zum Teil, die Elaboration komplett. Beides konnten wir verhindern – nicht zuletzt mit dem Argument der Lieferengpässe. Der Hintergrund ist, dass beides in anderen Ländern bei weitem nicht so entwickelt ist, wie in Österreich. Beipackzettel wiederum will die Industrie digitalisieren, vermutlich damit der Kontakt nur zwischen Patient und Industrie läuft. Das ist, wie andere Bereiche, noch Gegenstand von Verhandlungen. Das gilt es aber jedenfalls zu verhindern. Jeder Patient und jede Patientin muss auch weiterhin das Recht auf eine gedruckte Version des Beipacktextes haben.

Welche Pläne haben Sie und der VAAÖ für die Apotheken? Es ist wichtig, dass das Dienstleistungsangebot ausgebaut und auch finanziert wird. Der Pilotversuch zur Medikationsanalyse ist abgeschlossen, jetzt warten wir auf die Ergebnisse. Dann muss mit den Krankenversicherungen weiter verhandelt werden. Wichtig ist auch die Möglichkeit zu Point of Care-Tests. Spannend ist das Thema NewMediceService – NMS –, das in Schottland sehr erfolgreich zur Erhöhung der Compliance läuft. Da gibt es eine dreistufige Beratung in den Apotheken bei der Abholung eines Medikamentes: Phase 1: Wie nimmt jemand ein Medikament? Später in Phase 2: Warum nimmt jemand das Produkt? Und später dann, ob jemand das alles immer noch weiß. (Das Interview führten Martin Rümmele und Tanja Beck)