Tirols Landeshauptmann Günther Platter (ÖVP) sieht die Bevölkerung und die Politik in der Coronakrise nicht mehr an einem Strang ziehen. Er meinte laut Medienberichten, dass die Stimmung „kippt“. Sicher ist laut einer neuen Studie: Die psychische Belastung steigt.
Der Wunsch vieler nach Öffnungsschritten sei da, sagte Platter zur Wochenmitte. Er sprach sich für eine Diskussion über das Aufsperren von Handel und Schulen aus. Parallel zeigte er sich „verärgert“ über illegale Partys im Bundesland. Die Feiernden würden „ganz Tirol in Verruf bringen“, sagte er und kündigte schärfere Kontrollen an. Platter ortete aber ein Tirol-Bashing, da man bei jeder Kleinigkeit mit dem Finger sofort auf Tirol zeige. Aus Sicht Platters liege das große Problem aber immer noch im privaten Bereich, hier seien die Ansteckungen noch zu hoch. Die Politik müsse nun der Bevölkerung entgegenkommen. Etwaige Öffnungsschritte müssten aber sehr genau abgewogen werden.
Eine Studie der Donau-Universität Krems zeigt indes, dass die Hälfte aller jungen Erwachsenen unter depressiven Symptomen leidet. Seit Beginn der Pandemie untersucht das Department für Psychotherapie und Biopsychosoziale Gesundheit die psychische Gesundheit der Bevölkerung. Bereits im April, Juni und September zeigte sich ein Anstieg depressiver Symptome, Ängste oder Schlafprobleme. Eine neuerliche Studie, gefördert vom österreichischen Bundesverband für Psychotherapie (ÖBVP), belegt rund um den Jahreswechsel eine erneute Verschlechterung. Laut der aktuellen Studie leidet rund ein Viertel der Bevölkerung (26 %) an depressiven Symptomen, 23 % an Angstsymptomen und 18 % an Schlafstörungen. Die Studie umfasst eine repräsentative Bevölkerungsstichprobe von rund 1500 Personen. „Seit der letzten Erhebung im September kam es zu einer neuerlichen deutlichen Verschlechterung der psychischen Gesundheit. Diese Ergebnisse sind alarmierend“, sagte der Studienautor Christoph Pieh.
Besonders gravierend sind die Ergebnisse bei jungen Menschen zwischen 18 und 24 Jahren, die schon in den vergangenen Untersuchungen stets am stärksten belastet waren. Hier kam es zu einem sprunghaften Anstieg von rund 30 % auf 50 %. Des Weiteren sind u.a. Frauen, Arbeitslose und Alleinstehende besonders betroffen. Das zeigt sich auch in einem deutlichen Rückgang der Lebensqualität, die im Vergleich zur Untersuchung von 2019 um rund ein Fünftel abgenommen hat. Ausgenommen ist hier die Gruppe über 65 Jahre, die wie bei den vorangegangenen Studien am besten durch die Krise kommt. Menschen, die in einer Beziehung leben, ein gutes soziales Umfeld haben und regelmäßig Sport betreiben, sind vergleichsweise weniger belastet.
Die Ursachen für den Anstieg psychischer Probleme sind zweifelsohne vielfältig und individuell sehr unterschiedlich. Neben Sorgen um die eigene Gesundheit können Zukunftsängste, finanzielle Sorgen, Jobverlust oder Einsamkeit eine Rolle spielen. „Als besonders belastend werden neben der Pandemie an sich die schwierige wirtschaftliche Lage sowie Folgen und die Maßnahmen zur Eindämmung erlebt. Hilfreich werden hingegen u.a. das familiäre oder soziale Umfeld, Stressbewältigung, Sport oder andere Hobbys erlebt“, erörtert Pieh. Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) hat am Mittwoch die Einrichtung eines Beraterstabs angekündigt, der sich mit den psychosozialen Folgen der Corona-Pandemie-Krise beschäftigen wird. „Die Auswirkungen der Krise, von Verunsicherung über die eigene Gesundheit, bis hin zu Sorgen über die wirtschaftlichen und sozialen Folgen wirken sich belastend auf viele Menschen in Österreich aus“, sagte der Minister in einer Aussendung. (red)