„Was braucht erfolgreiche Forschung in Österreich wirklich?“, fragten der Wiener Wissenschafts-, Forschungs- und Technologiefonds (WWTF) und der Verband der pharmazeutischen Industrie Österreichs (Pharmig) bei einer Online-Diskussion.
Die beteiligten Experten waren sich einig: Es braucht mehr Geld für die Grundlagenforschung, speziell den Wissenschaftsfonds FWF, mehr Perspektiven für Talente, mehr „Mut für größere Kuchen“, aber auch weniger Regeln, erklärten die Experten in der Debatte. Österreich sei – speziell im Bereich Medizin und Lebenswissenschaften, dem Schwerpunkt der Diskussion – schon „richtig gut, nur wir können es noch ein Stück besser“, meinte WWTF-Chef Michael Stampfer.
Dafür brauche es unter anderem weniger Regeln: Österreich sei ein Land mit sehr rigiden Strukturen und einem sehr engmaschigen Regelwerk – „aber Forschung ist dynamisch, interaktiv und muss am Puls der Zeit sein – nicht übermorgen, sondern heute. Das ist ein Bereich, wo es Verbesserungspotenzial gibt, damit wir uns in einer Dynamik bewegen können, die den Anforderungen in den Life Sciences gerecht wird“, sagte die Neurowissenschafterin Daniela Pollak von der Medizinischen Universität Wien. Auch Eva Czernohorszky von der Wirtschaftsagentur Wien ortete Probleme bei Unternehmen, „Zulassungen zu bekommen und den Regulatorien gerecht zu werden“.
Dagegen vermisste Giulio Superti-Furga, Direktor des Forschungszentrums für Molekulare Medizin (CeMM) der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW), „Mut große Kuchen zu backen. Es ist immer alles ein bisschen Möchtegern.“ Das Institute of Science and Technology (IST) Austria sei eines der wenigen Beispiele, „wo nicht gekleckert wurde“. Dagegen habe sein Institut „das gleiche Budget wie vor zehn Jahren, und das ist null leistungsorientiert“. Dabei könnte das CeMM noch viel erfolgreicher sein, „wenn wir nicht ständig dem Geld nachlaufen müssten“, plädierte Superti-Furga für eine deutlich bessere finanzielle Ausstattung der Grundlagenforschung und der zentralen Fördereinrichtung dafür, dem FWF. Und auch dieser müsste größere Kuchen backen, meinte der CeMM-Chef und bezeichnete die zu kleinen FWF-Förderungen als „Misere“: „Wir brauchen neun Monate um 300.000 Euro zu bekommen – das geht nicht.“ Es habe sich gezeigt, dass wir in Österreich „nicht in der Lage sind, wirklich Exzellenzforschung zu fördern, weil wir zu klein denken“.
Die mangelnde langfristige Perspektive für gute junge Forscher, in die schon sehr viel Geld investiert wurde, die aber in einer produktiven Phase ihrer Karriere nicht in Österreich gehalten werden können, bemängelte die Krebsforscherin Anna Obenauf vom Institut für Molekulare Pathologie (IMP). Ähnlich argumentierte der Zellbiologe und stellvertretende IST-Chef Michael Sixt: „Es gibt gute Nachwuchsförderung, aber dann, wenn die Leute richtig durchstarten, gibt es plötzlich keine Gelegenheit erfolgreich weiter arbeiten zu können.“ Zudem plädierte er dafür, jungen Forscher die Möglichkeit zu geben, „eine gute Idee kommerziell umzusetzen, ohne dabei die Karriere für den Rest seines Lebens auf‘s Spiel zu setzen“. (red/APA)