Österreichs Gesundheitswesen braucht einen COVID-19-Fonds um aus der Krise herauszukommen und die Leistungen erbringen zu können. Das ist das Ergebnis einer Analyse, die bei den Alpbacher Gesundheitsgesprächen präsentiert worden ist.
Um die Corona-Krise und die Folgen der Wirtschaftskrise überwinden zu können, braucht Österreichs Gesundheitssystem zusätzliches Geld – und zwar weit mehr als den dreistelligen Millionenbeitrag, den nun die Sozialversicherungen erhalten sollen. Und auch weit mehr, als die bis zu einer Milliarden Euro, die die Kassen im Fall einer Pleitewelle gegen Jahresende benötigen, wenn gestundete Beiträge von Unternehmen nicht mehr bezahlt werden können. Denn auch den Spitalsträgern fehlt Geld. Die Gesundheitsökonomen Maria Hofmarcher und Christopher Singhuber (HealthSystemIntelligence) rechnen mit einem Finanzbedarf von 4,2 Milliarden Euro. Und sie schlagen einen „AT4Health“-Fonds vor. „Wir rechnen mit rund 1,1 Milliarden Euro für Steuer- und Beitragsausfälle, etwa zwei Milliarden für die Bundesländer und 600 Millionen Euro für Investitionen in bessere Gesundheitsleistungen.“ Das wären rund 480 Euro pro Kopf der Bevölkerung, 16,7 Prozent der Mittel des COVID-19-Krisenbewältigungsfonds beziehungsweise 1,1 Prozent der Wirtschaftsleistung. Hofmarcher: „Damit könnte man das Gesundheitswesen aus der Krise herausfinanzieren.“
Was noch hinzu kommt: Dieses Geld würde auch der Beschäftigung in Österreich sehr zugutekommen. Gesundheits- und Sozialwesen haben sich nämlich auch schon nach der Finanzkrise ab 2008 als stabilisierender Faktor erwiesen. „Gesundheit der Bevölkerung ist die Basis für wirtschaftliches Handeln“, betonte die Expertin. Ohne Gesundheit funktioniert die Wirtschaft nämlich nicht – wie schon der im März dieses Jahrs erfolgte Lockdown zeigte.
Hofmarcher und ihr Co-Autor haben mit ihrem neuen Report mit Unterstützung von Philips Austria zum vierten Mal eine Analyse des österreichischen Gesundheitssystems auf Bundesländerebene durchgeführt. Die Erkenntnis: „Im ambulanten Sektor ist auffällig, dass sich in Österreich die Kassenmedizin auf dem Rückzug befindet.“ Das erhöhe die privaten Kosten für die medizinische Versorgung für den Einzelnen und führe automatisch zum Größerwerden der Wahlarztmedizin. In der Versorgungsqualität in Sachen Prävention, Diagnose und Therapie existieren in Österreich je nach Bundesland auch deutliche Unterschiede. Hofmarcher: „Bei der vermeidbaren vorzeitigen Mortalität vor dem 75. Lebensjahr ist die Situation in Kärnten und im Burgenland zum Beispiel besorgniserregend. Vorarlberg schneidet bei seinen relativ hohen Aufwendungen ebenfalls schlecht ab. Niederösterreich und Oberösterreich sind am besten, Salzburg und die Steiermark im Mittelfeld. Wien schneidet auch recht gut ab.“ (red)