Die Österreicher gelten als Weltmeister bei den Zeckenimpfungen, wurden aber in jüngster Zeit nachlässig beim Auffrischen gegen den Frühsommer-Meningoenzephalitis-Erreger.
Es sind zwar 80 Prozent der Menschen in Österreich grundimmunisiert gegen FSME-Viren, einen korrekten Impfschutz haben aber nur um die 60 Prozent, berichtete die Infektiologin und Fachärztin für Tropenmedizin Ursula Hollenstein bei einer Pressekonferenz in Wien. In einem „Hochrisikogebiet“ wie Österreich sei dies zu wenig. Die Fallzahlen haben sich in den vergangenen zehn Jahren auch verdoppelt. Im Vorjahr mussten 128 Menschen in Österreich mit Frühsommer-Meningoenzephalitis in den im Spital aufgenommen werden. Hollenstein: „Das ganze Land gilt als Endemiegebiet.“ Die Überträger lauern bis 1.600 Meter Seehöhe im Wald, auf Wiesen und sogar „im Beserlpark von Wiener Gemeindebauten“, erklärte Rudolf Schmitzberger von der österreichischen Ärztekammer. Die Klimaerwärmung verlängert die Saison zudem weit in den Herbst hinein, und auch im Winter sind Zeckenstiche mittlerweile keine Seltenheit.
„FSME kann sogar durch nicht pasteurisierte Milchprodukte übertragen werden“, sagte Gerhard Kobinger, Präsidiumsmitglied der österreichischen Apothekerkammer. Selbst wenn man sich nicht in der Natur aufhält, sei man deswegen vor einer Infektion nicht gefeit. Im Jahr 2020, dem ersten Jahr der Covid-19-Pandemie in Österreich, waren aber die Leute offensichtlich besonders viel im Grünen, und holten sich außerordentlich viele Zeckenstiche. Deshalb gab es damals 215 Menschen, die 2020 mit FSME hospitalisiert werden mussten. Dies ist mehr als in den vergangenen 30 Jahren jemals vorgekommen ist, erklärte Kobinger. Manchmal bringt FSME acht bis zehn Tage nach einer Infektion „bloß“ ähnliche Symptome wie eine Sommergrippe, betonte Hollenstein. Über 40 Prozent der Patienten haben aber einen schweren Verlauf mit Gehirn- und Rückenmarksentzündungen, Bewegungs- und Bewusstseinsstörungen. Es trifft manchmal auch Kinder, die meisten Personen mit schwerwiegendem Verlauf sind aber über 50 Jahre alt. Ein bis zwei Prozent überleben die Krankheit nicht. (red)