Im Exklusiv-Interview mit RELATUS kündigt Gesundheitsministerin Brigitte Zarfl eine Verordnung in Sachen Lieferengpässe an. Im Hinblick auf die Hausapothekendebatte, verteidigt sie das bestehende System. Auch zur Frage einer Vergütung für Nachtdienste nimmt sie Stellung.
„Die primäre Verantwortung, die Lieferfähigkeit von Arzneimitteln aufrecht zu erhalten, liegt grundsätzlich beim Zulassungsinhaber beziehungsweise beim Großhändler“, sagt Gesundheitsministerin Brigitte Zarfl im RELATUS-Interview zur jüngsten Debatte. Wie berichtet geben sich alle Akteure im Gesundheitsbereich derzeitig gegenseitig die Schuld an den Problemen. „Insgesamt ist das Problem der Liefereinschränkungen ein Europäisches beziehungsweise sogar Globales“, sagt Zarfl. Mit der Einrichtung mehrere Taskforces auf nationaler Ebene habe man in Österreich seit Beginn dieses Jahres bereits erreicht, dass die wesentlichen Akteure zusammen nach Lösungen suchen und erste Erfolge vorliegen. Die Taskforce, die durch das Bundesamt für Sicherheit im Gesundheitswesen geleitet wird, arbeite an Möglichkeiten um auftretende Engpässe früher transparent machen zu können und somit fallbezogen und noch frühzeitiger Gegenmaßnahmen einleiten zu können. „Auch ein fallbezogenes Exportverbot bei besonders kritischen Engpässen wurde in der Taskforce vereinbart. Die Umsetzung ist in Vorbereitung, da mein Ressort eine entsprechende Verordnung zur Sicherstellung der Arzneimittelversorgung in Begutachtung geschickt hat. Sie wird einen ersten wichtigen Schritt darstellen Engpässe zu erkennen und zeitgerecht gegenzusteuern“, sagt die Ministerin. Diese Taskforce werde ihre Arbeit weiter fortsetzen.
Die Ministerin lässt aber auch durchblicken, wo sie Probleme sieht: „Eine Vielzahl der Wirkstoffe wird derzeit bereits in Asien hergestellt. Sollten in diesen Betrieben Probleme auftreten – technischer Art, Qualitätsprobleme, Naturkatastrophen, Streiks, oder anderes – kann der Marktbedarf mittelfristig nicht mehr abgedeckt werden.“ Dadurch stünden für die Versorgung des Weltmarktes nur noch unzureichende Kontingente zur Verfügung. „Eine Produktion durch andere Hersteller hat aber bestimmte Vorlaufzeiten.“ Die Lösungen auf diese Fragen und Herausforderungen könnten nicht national alleine gefunden werden. Lösungen müssten gemeinsam in der EU erarbeitet werden und letztlich auch von der EU global mit den weltweiten Handelspartnern und Wirtschaftsräumen abgestimmt werden.
Wenig Änderungsbedarf sieht Zarfl im Hinblick auf Hausapotheken. Hier fordern ja die Ärztekammer und die Bundeswettbewerbsbehörde Lockerungen. Zarfl: „Dieses Thema wird seit vielen Jahren behandelt, da alle Akteure an optimalen Lösungen interessiert sind. Deshalb wurde in der Neuordnung des Verhältnisses ärztlicher Hausapotheken und öffentlicher Apotheken durch die Apothekengesetznovelle 2006 festgelegt, dass in sogenannten Ein-Arzt-Gemeinden grundsätzlich der Vorrang der Hausapotheke gilt. In Zwei- und mehr-Arzt-Gemeinden gilt der Vorrang öffentlicher Apotheken.“ Diese duale Versorgung der Bevölkerung mit Arzneimitteln habe sich bewährt: „Die Arzneimittelversorgung wird in erster Linie durch die öffentlichen Apotheken wahrgenommen, welche insbesondere in ländlichen Regionen mit geringerer Bevölkerungsdichte durch ärztliche Hausapotheken unterstützt werden.“
Eine Abgeltung für Nachtdienste von Apotheken steht derzeit nicht im Raum. „Apotheken sind wichtige Partner im Garantieren der Versorgungssicherheit auch während der Nachtstunden. Die österreichische Apothekerkammer hat diesbezüglich insbesondere auf eine Flexibilisierung der Öffnungszeiten hingewiesen“, sagt die Ministerin. „Darüber hinaus gibt es derzeit keine Gespräche zu diesem Thema.“ (rüm)