Hohe Temperaturen haben nicht nur negative Auswirkungen auf die körperliche, sondern auch auf die psychische Gesundheit. Das zeigen Untersuchungen der MedUni Wien.
Zunehmende Aggressivität, Erschöpfung und Angstzustände – die durch die Klimakrise immer häufiger werdenden Hitzewellen haben einen großen Einfluss auf die Psyche der Menschen. Besonders betroffen sind ältere, geschwächte und sozial benachteiligte Menschen. „Untersuchungen der MedUni Wien haben gezeigt, dass es während einer Hitzewelle vor allem bei diesen Gruppen vermehrt zu Ängsten und Depressionen kommt“, sagt Hans-Peter Hutter vom Zentrum für Public Health der Medizinischen Universität Wien. Er warnt davor, die psychischen Folgen der Klimakrise nicht zu unterschätzen. Aufgrund der enormen Stressbelastung bei anhaltenden Temperaturen über 30 Grad Celsius können Angststörungen oder Depressionen verursacht beziehungsweise verschlimmert werden. Und nicht nur das: „Eine Erhöhung der Durchschnittstemperatur um ein Grad Celsius geht wissenschaftlichen Schätzungen zufolge mit einer Erhöhung der Suizidrate um einen Prozentpunkt einher“, erklärt Hutter. Daten aus den USA und Mexiko zeigen, dass die Suizidrate bei einem Anstieg der monatlichen Durchschnittstemperatur um 1°C um 0,7 Prozent beziehungsweise 3,1 Prozent zunimmt.
Hitze hat zudem gravierende Auswirkungen auf das Verhalten und steigert das Aggressionspotenzial, was sich auch in einem Anstieg von Gewaltverbrechen – wie zum Beispiel einer Zunahme an häuslicher Gewalt – widerspiegelt. Auch Lethargie und Teilnahmslosigkeit sowie eine verringerte geistige Leistungsfähigkeit werden mit Hitze in Verbindung gebracht. Besonders gefährdet sind hier Menschen, die in städtischen Ballungsräumen wohnen, wo Abkühlung und folglich Erholung immer öfter auch nachts ausbleiben, wie man am Beispiel Wien sieht: In der Hauptstadt war vor 1991 durchschnittlich mit jährlich ein bis zwei Tropennächten mit Temperaturen über 20 Grad zu rechnen. Im Sommer 2015 wurden bereits 23 und 2022 sogar 30 Tropennächte gezählt. Aber auch im Rest von Österreich wird es immer heißer: Der derzeit noch höchste Wert von 40 Hitzetagen pro Jahr in Österreich wird bei einem weltweit ungebremsten Ausstoß von Treibhausgasen bis zum Jahr 2100 der Normalfall sein. Die Rekorde würden dann in einem derzeit noch völlig unvorstellbaren Bereich von 60 bis 80 Hitzetagen pro Jahr liegen. (kagr)