„Ich glaube an das Gute in der Pharmaindustrie“

© Bernhard Noll / ÖÄK

Der ehemalige Ärztekammer-Präsident Thomas Szekeres vertritt die heimische Ärzteschaft in europäischen Gremien. Im Relatus-Interview nimmt er Stellung zu EU-Themen.

Sie sind der österreichische Vertreter im Comité Permanent des Médicins Européens – dem ständigen Ausschuss der europäischen Ärzt:innen. Was passiert da? Das ist der Zusammenschluss der europäischen Ärztekammern. Es gibt zwei physische Treffen im Jahr, wo man sich austauscht und europäische Themen bearbeitet. Wir haben dazu in Brüssel ein Büro und versuchen dort zu Gesundheitsthemen zu lobbyieren.

Welche Themen stehen da gerade auf der Agenda und wie positioniert sich die Ärzteschaft? Der European Health Data Space (EHDS) ist ein großes Thema. Die EU-Kommission will etwas ähnliches wie unsere ELGA machen. Sie stellen es sich das aber wesentlich günstiger vor, als es sein wird. Österreich ist hier gar nicht so schlecht aufgestellt. Vor allem der Datenschutz ist ein enormes Thema in der Diskussion. Der freie Arzt und die Kommerzialisierung der Medizin sind ebenfalls laufend und in allen Ländern Themen. Auch die Klimakrise ist ein Thema. Es wurde auch ein gemeinsames Papier zur Cannabis-Legalisierung in Deutschland erarbeitet – wir sind dagegen.

Wie sieht es im Hinblick auf die europäische Arzneimittelstrategie aus? Hier drängen wir auf einen Ausbau der Produktion in Europa. Die Abhängigkeit von einer Lieferkette, die unterbrochen werden kann, darf bei so wichtigen Dingen wie Arzneimittel nicht sein. Ich hoffe, dass das gelingt, derzeit sind vor allem Indien und China die Produktionsstandorte. Wahrscheinlich macht es Sinn, mehr für Medikamente zu zahlen, um die Produktion hier zu haben. Man muss dann aber auch von den Unternehmen einfordern, dass sie hier produzieren. Ich glaube aber an das Gute in der Pharmaindustrie und dass sie auch moralische Werte im Auge haben und nicht nur den Gewinn.

Ein anderes Thema, das in vielen Ländern diskutiert wird, ist der Personalmangel im Gesundheitswesen. Welche Lösungen sehen Sie hier? Ich denke man sollte versuchen, zumindest österreichweit harmonisch vorzugehen. Jetzt macht jedes Bundesland etwas für sich. Entscheidend sind aber die Arbeitsbedingungen. Wenn sie nicht gut sind, helfen auch importierte Mitarbeiter:innen nicht. Ein großes Hindernis ist aber die Sprachbarriere: Deutsch ist schwer zu erlernen und für die Arbeit mit Patient:innen muss man es aber können. (Das Interview führte Martin Rümmele)