In den kommenden drei Wochen ist RELATUS PHARM in den Bundesländern unterwegs und fragt, welche Herausforderungen es jeweils im Apothekenbereich gibt und wie versucht wird, ihnen zu begegnen.
Thomas Veitschegger, Präsident der oberösterreichischen Apothekerkammer, erklärt im RELATUS-Ländertour-Interview, wie Apotheker:innen helfen können, Ärzt:innen zu entlasten.
Was haben Sie mit der oberösterreichischen Apothekerkammer im nächsten Jahr vor? Als Apothekerkammer ist es uns auch wichtig, Gesundheitsaufklärung zu leisten. Da haben wir für September 2023 gemeinsam mit dem ORF und in Kooperation mit den Oberösterreichischen Nachrichten wieder eine Aktionswoche ausgerufen, für die jetzt schon Vorbereitungen laufen. Wir möchten hier eine breite Basis bedienen und Themenschwerpunkte wie Public Health abarbeiten. Da ist auch das Land Oberösterreich involviert, die Spitäler, die Fachhochschule für Gesundheitsberufe und noch weitere. Was wir aus früheren Aktionswochen wissen, ist, dass diese Aktion viele Menschen anspricht. Vor allem Ältere werden dadurch motiviert, wenn wir unsere Informationen über das Regionalradio und über das Fernsehen ausspielen.
Sie sind nicht nur Präsident der Apothekerkammer Oberösterreich, sondern auch des Österreichischen Apothekerverbands. Vor welchen Herausforderung stehen österreichische Apotheker:innen derzeit? Die größte Herausforderung ist derzeit der Personalmangel. Da ist das ganze Gesundheitssystem betroffen, aber im Gegensatz zu anderen Gesundheitseinrichtungen haben die Apotheken eine Offenhaltepflicht. Wir können nicht zusperren oder auch nur teilweise schließen. Hier blutet das System. Wir verlieren viele Menschen, weil der Stress einfach zu viel geworden ist. Daher suchen die österreichischen Apotheken händeringend nach Personal. Im Apothekerverband analysieren wird aktuell die Situation, um für die Zukunft Maßnahmen vorschlagen und treffen zu können.
Trotz zu wenig Personal wollen die Apotheker:innen sogar noch mehr Leistungen anbieten, wie zum Beispiel das Impfen. Was ist hier der Stand der Dinge? Uns ist es ein Anliegen, dass wir die Durchimpfungsraten in der Bevölkerung erhöhen – etwa bei Grippe oder FSME. Dazu wollen wir einen Beitrag leisten. Daher haben die Apotheken rund 2.000 Mitarbeiter:innen durch entsprechende Kurse zum Impfen ausgebildet. Wir stehen also bereit. Jetzt müssen nur noch die politischen Rahmenbedingungen geschaffen werden. Hier steht eigentlich nur mehr die Ärztekammer auf der Bremse, alle anderen fänden es sinnvoll, wenn in den Apotheken geimpft werden würde. Es ist also ein Match Ärztekammer gegen Politik. Meiner Meinung nach wird die Macht des Faktischen siegen. Man muss sich nur die Nachbarländer anschauen: In der Schweiz und in Deutschland ist das kein Thema mehr. Dort wurde niemandem etwas weggenommen, vielmehr ist die Zahl der Impfungen gestiegen – das muss unser aller Ziel sein. Wir lesen immer und immer wieder, dass die Ärzt:innen überlastet sind. Da muss man schauen, dass nicht zwingend ärztliche Tätigkeiten ausgelagert werden, um so die Ärzt:innen zu entlasten. Und Impfen ist nicht zwingend eine ärztliche Tätigkeit.
Wie hat sich die Arbeit der Apotheken seit Pandemiebeginn sonst verändert? Apotheken sind durch die Pandemie nicht mehr nur für Beratung und die Versorgung mit Arzneimitteln zuständig, sondern zum Beispiel auch als Teststationen im Einsatz. Die Herausforderungen der Pandemie sind immer noch spürbar, aber nicht mehr in der gleichen Intensität. Dafür gibt es in anderen Bereichen Probleme Stichwort: Lieferfähigkeit von Arzneimitteln.
Welche Arzneimittel sind besonders betroffen? Die Arzneimittelversorgung ist durch die Lieferkrise schwieriger und aufwendiger geworden. Alle zwei Minuten ist ein anderes Arzneimittel nicht lieferbar. Wir haben eine wirklich schwierige Situation, in der wir darauf achten müssen, dass die Lieferkrise nicht zu einer Versorgungskrise für die Menschen wird. Im Moment geht das noch – nicht zuletzt durch das tägliche Engagement der Apotheken. Probleme gibt es besonders bei der Beschaffung von Antibiotika. Aber auch Paracetamol und Ibuprofen sind schwierig zu bekommen.
Können die Apotheken trotzdem noch als niederschwellige Erstanlaufstelle dienen? Natürlich. Genau das ist eine Kernaufgabe der Apotheken und das wird sie auch bleiben. Und das wissen die Menschen zu schätzen. Vor allem ältere Personen, die nicht so technikaffin sind, kommen trotz größerer Teststraßen lieber zu uns. (Das Interview führte Katrin Grabner)