Gewerkschaft und Arbeiterkammer haben am Montag ihre Enttäuschung über die Bestätigung der türkis-blauen Sozialversicherungsreform durch den Verfassungsgerichtshof (VfGH) bekräftigt. Sie sehen nun die Politik gefordert.
Die nächste Bundesregierung solle die Zusammenlegung neu aufsetzen. Es brauche eine „Rückgabe der ÖGK“, also der aus den neun Gebietskrankenkassen entstehenden neuen Österreichischen Gesundheitskasse, an die Versicherten, wurde gefordert. Arbeiterkammer-Direktor Christoph Klein kritisierte, dass Beamte oder Selbstständige über ihre eigenen Versicherungen verfügten, in die ihnen niemand hineinregiere, die Arbeitnehmer aber nicht mehr. Zumindest auf politischer Ebene sei das Demokratieprinzip damit klar verletzt, auch wenn der VfGH – fußballerisch gesprochen – den Ball nicht über der Outlinie gesehen habe. 160.000 Unternehmer könnten nach dieser „feindlichen Übernahme“ nun über 7,2 Millionen ÖGK-Versicherte herrschen.
Die frühere Wiener Gebietskrankenkassen-Obfrau Ingrid Reischl, jetzt Leitende Sekretärin des ÖGB, tröstete sich zumindest damit, dass der VfGH die geplanten Aufsichtsrechte des Bundes zurechtgestutzt und auch die Übernahme der Beitragsprüfung durch die Finanz unterbunden hat. Sehr problematisch finde sie aber den großen gesetzgeberischen Spielraum, den das Höchstgericht eingeräumt habe. „Damit könnte sich jede neue Regierung ihre neue Selbstverwaltung basteln, und das wäre sicher nicht im Interesse der Menschen.“ Reischl forderte, dass die Arbeitnehmer nun in die Gesetzesreparatur eingebunden werden sollten. Sie verlangte aber auch eine echte Leistungsharmonisierung für alle Versicherten, also unter Einbindung von Beamten, Eisenbahnen, Selbstständigen und Bauern, und einen Risikostrukturausgleich über alle Kassen hinweg.
Die von Türkisblau initiierte Sozialversicherungsreform sei eine einzige Mogelpackung, betonte auch die SPÖ Wien. „Obwohl die Arbeitgeberseite eine Minderheit in der Bevölkerung darstellt, haben sie nun eine Vormachtstellung in der Krankenkasse der Arbeitnehmer – und das obwohl sie nicht einmal ein Drittel der Beiträge leisten.“ Zugang und Versorgung der Menschen mit bester Medizin sowie Rehabilitation müssten weiter solidarisch finanziert werden – damit alle unabhängig von Einkommen und Herkunft gleichermaßen Zugang haben, formulierte die SPÖ in einer Aussendung. (red)