Der politisch erhoffte „Sommer wie damals“ ist es nicht geworden, berichtet die Austria Presse Agentur am Donnerstag. Früher als gedacht werden neue Maßnahmen nötig. Was fehlt ist aber vor allem ein Plan, wie sich die Impfquote erhöhen lässt.
Es war Beobachtern bereits Mitte August völlig klar: Die vierte Infektionswelle ist in Österreich deutlich früher gestartet als die zweite im vorigen Herbst. Mit durchschnittlich 1.600 täglichen Neuinfektionen liegt die Sieben-Tage-Inzidenz aktuell am Wert von Mitte Oktober 2020. Auch die Zahl der Patienten auf Intensivstationen ist vergleichbar. Betroffen sind vorwiegend Ungeimpfte. Auf sie will die Regierung ihre Maßnahmen nun konzentrieren. Die kommunikative Lösung, um nicht zugeben zu müssen, dass der Sommer nicht ganz so „cool“ war, heißt nun, dass man mit den Maßnahmen vor allem die Ungeimpften „schützen“ will. Die – gemessen an der Bevölkerungszahl – am stärksten von Neuinfektionen betroffene Altersgruppe waren im vorigen Herbst wie auch heuer Jugendliche und junge Erwachsene zwischen 15 und 24, berichtet die APA. Allerdings war die Inzidenz zu Schulbeginn im Vorjahr noch deutlich niedriger (62) als heuer (254).
Dabei war im Vorjahr um diese Zeit noch niemand geimpft. Der Großteil der Ungeimpften sind allerdings keine Impfgegner, zeigen Umfragen. Es sind Menschen, die verunsichert sind, die Angst haben und schlecht informiert sind. Der Epidemiologe Gerald Gartlehner von der DonauUni Krems kritisiert in dem am Mittwoch vorgestellten Stufenplan der Regierung, „dass eigentlich nichts dabei ist, das die Ursache des Problems behandelt – nämlich, wie wir die Impfrate erhöhen“. Man müsse sich vor Augen halten, dass die sich zuspitzende Covid-19-Situation „völlig vermeidbar“ ist, wenn sich mehr Leute impfen lassen würden, sagt Gartlehner. Bei dem Paket handle es sich um „Symptombekämpfung“, die noch dazu nicht unmittelbar einsetzen soll. Warum Maßnahmenverschärfungen nämlich nach dem Erreichen von bestimmten Grenzwerten bei der Belegung der Intensivstationen erst sieben Tage später in Kraft treten, „kann ich überhaupt nicht nachvollziehen“, sagt der Experte zur APA: „Es sieht ja jeder in welche Richtung es geht und worauf man sich vorbereiten muss.“
Das Problem ist, dass in der Zwischenzeit nahezu alle Parteien in ihrer Kommunikation mit Ängsten arbeiten – vor Flüchtlingen, Migranten, Arbeitslosigkeit, Steuererhöhungen, der Kürzung von Sozialausgaben, herzloser Regierungspolitik oder dem Klimawandel. Auch jetzt gibt es Einschränkungen, damit weniger passiert. Den Menschen Mut zu machen, Hoffnung zu verbreiten und ihnen Ängste zu nehmen haben die heimischen Parteien, so scheint es fast, verlernt. Genau das ist aber jetzt gefragt. (rüm)