Vor einem Monat herrschte Euphorie: Die Corona-Impfung war da, der Bundeskanzler ließ sich mit den ersten geimpften Personen fotografieren und das Ende der Krise schien nah. Was folgte waren Lieferprobleme, Zulassungsdebatten, Organisationsschwierigkeiten in den Bundesländern und sich vordrängelnde Bürgermeister und andere Wichtigtuer. Was ist schiefgelaufen?
Die Verteilung der Corona-Impfstoffe rund um den Globus ist nach Ansicht von UNO-Generalsekretär António Guterres ein „großer moralischer Test“ für die Welt. Die Bekämpfung der Pandemie müsse in diesem Jahr höchste Priorität haben, sagte Guterres am Donnerstag vor der UNO-Vollversammlung in New York. Bisher sei die Verteilung jedoch nicht gerecht. „Die Impfstoffe erreichen einige Länder schnell, während die ärmsten Länder fast gar nichts haben.“ Das gilt ähnlich auch für einzelne Personen: Aus allen Bundesländern wurden in den vergangenen Wochen scheinbar weniger wichtigere und wichtigere Personen gemeldet, die irgendwie rascher zu einer Impfung kamen, als das gedacht war. „Die Wissenschaft hat Erfolg – aber die Solidarität scheitert“, formulierte der UNO-Generalsekretär. Die Impfstoffe müssten als „Allgemeingut“ für alle zugänglich und erschwinglich sein, forderte Guterres.
Die Diskussion über Lieferprobleme, Pharmaverträge und mögliche Bevorzugungen verschiedener Länder, zeigt allerdings verstörende Zusammenhänge: da wird über Exportbeschränkungen diskutiert und darüber, ob der Patentschutz im Fall der Pandemie Sinn macht, und über Bestellungen, die primär einen möglichst niedrigen Preis im Blick hatten. In jedem Fall dürften auf Seiten der Industrie und der Politik einige übersehen haben, worum es wirklich geht. Da nehmen Politiker, die Druck auf – aus gutem Grund – unabhängige Zulassungsbehörden machen, in Kauf die Reputation genau dieser Behörden zu beschädigen. Da glauben Landespolitiker die besseren Ideen zu haben, wer wann geimpft werden soll, als das nationale Impfgremium, in dem Expertinnen und Experten seit Wochen eine Strategie festgelegt haben.
Da gibt es aber auch viele Menschen unter uns, die glauben, dass das mit dem Lockdown und den Corona-Maßnahmen für sie nicht wirklich gelten muss. Aktuelles Beispiel: Exekutive und der BH Landeck haben am Freitag Zweitwohnsitze im Bezirk Landeck, speziell in der Gemeinde St. Anton am Arlberg und im Stanzertal mit dem Ziel kontrolliert, meldegesetzliche Auflagen und die Widmungskonformität von Zweitwohnsitzen zu überprüfen. Insgesamt 44 Unterkünfte und 133 Personen wurden überprüft. Allein in St. Anton kam es zu 96 Anzeigen. „Für das Land Tirol sind Umgehungen der geltenden COVID-Verordnungen absolut inakzeptabel. Es gibt klare Regeln, die für alle gelten und auch einzuhalten sind. Bei COVID-Verstößen gibt es null Toleranz“, erklärte Landeshauptmann Günther Platter (ÖVP) streng. Lange Zeit kamen aus Tirol noch andere Signale.
Für den Fall, dass es manche vergessen haben oder noch immer nicht wahrnehmen wollen: Es geht nicht um eigene Vorteile oder die Frage, ob man in der Öffentlichkeit gut dasteht. Es geht nach wie vor um Menschenleben. Es geht darum, dass Unternehmen aufgrund der Dauer der Krise zunehmend um ihre Existenz kämpfen. Es geht um tausende Menschen, die um ihren Arbeitsplatz bangen und tausende, die ihn bereits verloren haben. Es geht um eine wachsende Armut im Land und steigende psychische Belastungen. Es geht um tausende Menschen, die tagtäglich im Gesundheitsbereich über ihre Belastungsgrenzen gehen, um Menschen zu versorgen, zu retten oder Therapien und Impfstoffe zu entwickeln oder zu produzieren. Kurz: Es geht darum, diese Pandemie möglichst rasch in den Griff zu bekommen. Daran werden wir ALLE moralisch gemessen und daran wird jegliches Krisenmanagement gemessen. (Martin Rümmele, Chefredakteur RELATUS PHARM)