Im Zusammenhang mit der Corona-Krise sind gerade auch niedergelassene Ärzte gefordert. Die Krise könnte bei genauer Betrachtung langfristig aber dazu führen, diesen Bereich zu schwächen. Die Apotheken hingegen könnten als Nahversorger punkten.
Patientenanwälte, die zum Teil geschlossene Ordinationen im niedergelassenen Bereich kritisieren; Kassenbeschäftigte, die Ärzte selbst für die mangelnde Ausstattung mit Schutzausrüstung verantwortlich machen; verstärkter Einsatz von Telemedizin in niedergelassenen Praxen und nicht zuletzt der Vorstoß der ÖGK-Spitze – vor der Corona-Krise – Leistungen aus dem niedergelassenen Bereich in Spitäler zu verlagern, könnten eine Aushöhlung des Sektors nach der Krise mit sich bringen. Der Präsident der Österreichischen Ärztekammer, Thomas Szekeres, hat am Dienstag in einem Brief Kritik an der Wiener Patientenanwältin Sigrid Pilz und ihrem niederösterreichischen Pendant Gerald Bachinger geübt und ortet eine „Kampagne“ gegen Ärzte. Dazu kommt, dass auch für Jungärzte jetzt noch einmal deutlich wird, wie belastend – und teilweise auch unbedankt – die Arbeit im niedergelassenen Bereich sein kann.
Tatsächlich zeigt sich in der Krise auch, was eine zentrale Steuerung im Gesundheitswesen bringen kann. Dazu kommt, dass sich die angespannte wirtschaftliche Lage der Kassen durch die von Corona ausgelöste Abschwächung der Konjunktur weiter verschärfen wird. Steigende Arbeitslosenzahlen bedeuten sinkende Einnahmen bei den Kassen. Experten befürchten hinter vorgehaltener Hand schon jetzt, dass die Krankenkassen staatliche Hilfe brauchen wird. Was also liegt näher, als auch die Kosten zu senken: mehr Leistungen in Spitälern und mehr Telemedizin im niedergelassenen Bereich statt Nachbesetzung der pensionsbedingt freiwerdenden Praxen. Das könnte niedergelassene Ärzte schwächen.
Und es könnte die Apotheken stärken. Denn die zeigen derzeit wie wichtig sie als Nahversorger sind. „Die Apothekerschaft agiert im Kampf gegen Corona an vorderster Front“, sagt Ulrike Mursch-Edlmayr, Präsidentin der Österreichischen Apothekerkammer. Auch die Bevölkerung melde sich zunehmend zu Wort, um der Apothekerschaft für ihre Leistungen in der aktuellen Krise zu danken, berichtet die Präsidentin. Davon zeuge eine Vielzahl von Mails aus ganz Österreich, die allein im Laufe der vergangenen Woche bei der Apothekerkammer eingelangt sind. Nach der ersten Woche der weitreichenden Ausgangsbeschränkungen zieht auch der Präsident des Österreichischen Apothekerverbands Jürgen Rehak als Vertreter der selbständigen Apotheker eine positive Zwischenbilanz: In der vergangenen Woche belief sich die durchschnittliche Anzahl an täglich betreuten Menschen auf rund 700.000 Personen. „Diese nahezu Verdoppelung der Kontakte und der außergewöhnliche Ansturm auf die Apotheken konnte nur durch den großen persönlichen Einsatz der Beschäftigten der Apotheken bewältigt werden.“ Dazu bauen viele Apotheken Schutzvorkehrungen mit Plexiglasscheiben auf und in zahlreichen Betrieben wurde auf ein Zwei-Schicht-System umgestellt, damit bei Ausfall eines Teams die Apotheke weiter ihre Versorgungsfunktion ausüben kann. Kurz: die Branche sammelt Pluspunkte. Es wird sich zeigen, ob man sie nach der Krise umsetzen kann. (rüm)