Niemand will noch einmal Einschränkungen oder gar einen Corona-Lockdown. Gerade deshalb ist es aber wichtig, emotionslos Vorbereitungen für den Herbst zu treffen. Stattdessen regiert erneut das Prinzip Hoffnung.
Wenn es brennt und die Feuerwehr anrückt, entstehen meist große Wasserschäden. Wie aber lassen sich die verhindern? Nicht zu löschen ist keine Option. Die Frage, die sich für Feuerwehrleute also stellt, ist wie viele Wasserschäden sie in Kauf nehmen, um Feuerschäden zu verhindern. Das waren letztlich auch Überlegungen der Politik während der Pandemie. Zumindest erzählen einem das heute viele der Akteure. Klar ist, dass weder die möglichen Folgen des Feuers, noch die Folgeschäden durch die Löschungsversuche immer absehbar waren. Jetzt gilt es aus beidem zu lernen.
Und dazu gehört vor allem, in den Feuerschutz zu investieren und nach anderen Löschmaßnahmen zu suchen, die weniger Folgeschäden verursachen. Es gilt also für den Herbst vorzusorgen. Denn der Hebst ist – um beim Feuerwehrthema zu bleiben – die Jahreszeit in der generell mit neuen Feuersbrünsten, sprich Coronawellen gerechnet werden muss. Alle Beobachter:innen rechnen im Herbst mit einer Zunahme der Infektionsfälle. Niemand will aber wieder einen Lockdown oder andere einschneidende Maßnahmen. Expert:innen fordern deshalb eine an sorgfältig erarbeiten Szenarien orientierte Vorbereitung. „Man muss auch auf den ungünstigen Fall vorbereitet sein“, mahnte zuletzt die Virologin Dorothea van Laer.
Vieles steht und fällt mit der weiteren Entwicklung des Virus selbst, der Immunität in der Bevölkerung, was vor allem den Schutz vor schwereren Krankheitsverläufen betrifft, dem Aufbau von Früherkennungssystemen zum Infektionsgeschehen oder der Test- und Spitalsinfrastruktur, heißt es in einem Papier, der Forschungsplattform „Covid-19 Future Operations“. In den günstigeren Szenarien, in denen entweder nur kleinere Wellen bzw. Winterwellen alle ein bis zwei Jahre auftreten, bräuchte es demnach nur sehr eingeschränkt Maßnahmen. Es gibt aber auch Modelle, in denen die Pandemie anhält, weil der SARS-CoV-2-Erreger selbst nochmals infektiöser, die Erkrankungen wieder schwerwiegender und der Immunschutz weniger wird. Diese dürfe man nicht unter den Tisch kehren, da die Pandemie sich schon öfters unerwartet entwickelt habe. Und es braucht entsprechende Maßnahmen, die einerseits das Infektionsgeschehen eindämmen und andererseits das Leben möglichst wenig einschränken.
Nur gegen Einschränkungen zu sein, wird dabei genauso wenig helfen, wie komplett schwarz zu malen. Verleugnen der Gefahren wird ebenso wenig nutzen. Wenn etwa Wirtschaft und Gewerkschaft das Aussetzen der Maskenpflicht im Lebensmittelhandel als Fairness bejubeln, mögen sie in der öffentlichen Debatte Pluspunkte sammeln, es zeigt aber, dass sie bis heute nicht verstanden haben, worum es geht. Ziel der Maßnahme war, jene Menschen zu schützen, die nach wie vor Risikogruppen sind und dennoch wie wir alle Lebensmittel einkaufen müssen. Der Besuch der Nachtgastronomie ist hingegen für die wenigsten Menschen lebensnotwendig und deshalb wohl gegebenenfalls verzichtbar. Dass Kanzler und ÖVP-Chef Karl Nehammer sich für seine „überschwängliche Begrüßung“ am ÖVP-Parteitag entschuldigt, zeigt ebenfalls vor allem ein Unverständnis oder einfach ein Schielen auf öffentlichen Applaus. Der Satz „So viele in einem Raum heißt auch: So viele Viren – aber jetzt kümmert uns das nicht mehr“, sprach vielen Menschen aus der Seele, lässt aber nicht auf Präventionsbereitschaft hoffen. Was wir jetzt brauchen sind keine Politiker, die sich selbst und uns beruhigen, sondern vorausschauend planen. Anders gesagt: Wir brauchen keine feuerwehrhaften Helden, die beim nächsten Brand medienwirksam zur Wasserspritze eilen, sondern Architekten, die feuerfeste Häuser bauen.
Im Übrigen bin ich der Meinung, dass der Föderalismus gesundheitsschädigend ist und sich die Bundesländer in Gesundheitsfragen zunehmend als inkompetent erweisen. Es braucht endlich Transparenz über regionale Ausgaben, Erkrankungszahlen, Spitalsdaten und eine zentrale Steuerung. (rüm)