Neuauflage eines alten Streitthemas: Die Apotheker wollen (wieder einmal) impfen, zumindest fordert das ihre Kammer. Die Ärztekammer hält (wieder einmal) mit Dispensierrecht und der Forderung nach Ausweitung der Hausapotheken dagegen.
Die Diskussion entbrennt zwar vor dem Hintergrundrauschen der gebetsmühlenartigen öffentlichen Beklagung der geringen Impfbereitschaft der Österreicher, die trotz eines hervorragenden Gesundheitssystems und trotz aller gesundheitspolitischen Bekenntnisse zu wünschen übriglässt. Tatsächlich macht man es der vermeintlich impfmüden Bevölkerung ja gerade nicht leicht, sich impfen zu lassen.
Seit ich im Gesundheitsjournalismus tätig bin , begleitet mich das Thema (Bejammerung der) Impfmüdigkeit. Wahrscheinlich genausolang begleiten mich periodische plakative Forderungen der einen, umgehend getoppt von genauso plakativen Forderungen der anderen. Und das Ganze noch periodisch verfeinert durch Initiativen, denen man einen gewissen Aktionismus nicht absprechen kann. Im vergangenen Herbst etwa wurden die Apotheker für große Kampagnen zur Erhöhung der Impfbereitschaft auserkoren: über Impfpasscheck und Impfberatung durch den Apotheker. Mit dem Ergebnis eines wahrlich beeindruckenden Zickzacklaufes für Patienten (Apotheker berät den Patienten, dieser geht zum Arzt und setzt ihn von der Empfehlung in Kenntnis, Arzt stellt Rezept aus, Patient geht zurück in die Apotheke, löst Rezept ein, Patient geht mit Impfstoff irgendwann wieder zum Arzt, hoffentlich unter Beachtung der Kühlkette …).
In Wien wurden übrigens vor kurzem die Gesundheitsämter, früher eines pro Bezirk, auf ganze 7 zentriert. Gegen Voranmeldung konnte man sich dort impfen lassen: zum Beispiel in der Impfstelle für den ganzen 1., 8., 9., 17., 18. und 19. Bezirk an 3 Tagen pro Woche jeweils ganze 2 Stunden – und das galt in Prä-Corona-Zeiten. Post Corona gibt’s für alle (vorangemeldeten!) Wiener Impfwilligen eine einzige Adresse, okay, mit längeren Öffnungszeiten … oder eben die Impfung über den Hausarzt, mit kurzem Ausflug in die Apotheke und zurück.
Dass bei einem solchen Zickzackkurs und solchen logistischen Hürden jede niederschwellige Vereinfachung es den Impfbereiten erleichtern würde, zur Impfung zu kommen, ist evident. Dass Impfen mehr ist als ein Sticherl, das jeder setzen kann, dass es hier um eine per se medizinische Leistung geht – nicht nur wegen des immer ins Treffen geführten potenziellen Restrisikos einer Akutreaktion, sondern auch zur eigentlichen Feststellung der „Indikation“ und etwaiger Kontraindikationen –, ist auch klar. Für einen One-Stop-Shop, wo auch immer, spricht logistisch vieles, für Ärzte sprechen zusätzlich die medizinischen Gründe.
Was fehlt, sind NICHT die Kampagnen, NICHT Round-Table-Diskussionen über eine Impfpflicht und NICHT die plakativen Forderungen von Stakeholdern, was fehlt, sind gesundheitspolitische Maßnahmen und Konzepte, die mehr sind als Lippenbekenntnisse.
Susanne Hinger