Kritik an EU-Pharma-Gesetzgebung

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Die geplanten Regelungen erschweren die Entwicklung von Therapien für seltene Erkrankungen, kritisieren Fachleute. Sie warnen vor dramatischen Folgen.

Derzeit befindet sich wie berichtet die gesamte EU-Pharma-Gesetzgebung in einem Reformprozess. Dabei sollen auch die Regelungen, die Therapien für seltene Erkrankungen betreffen, neu definiert werden. Expert:innen befürchten, dass die geplanten Regelungen – insbesondere durch die Verkürzung der Schutzzeiten – den Anreiz zu forschen für Unternehmen im Bereich der seltenen Erkrankungen verringern. Dies hätte zur Folge, dass sich die Verfügbarkeit adäquater Therapien für Patient:innen verringert, und würde sich auch auf den Wirtschafts- und Wissenschaftsstandort Europa und Österreich auswirken. AOP Orphan Pharmaceuticals GmbH (AOP Health), ein österreichisches Unternehmen, das seit über 25 Jahren im Bereich der seltenen Erkrankungen forscht, machte nun gemeinsam mit Susanne Greber-Platzer, Expertin der MedUni Wien auf eben diesem Gebiet, auf diese für Patient:innen möglicherweise nachteilige Situation aufmerksam.

In Österreich sind rund 400.000 Menschen von einer seltenen Erkrankung betroffen. Für rund 95 Prozent dieser Erkrankungen gibt es derzeit keine adäquaten Therapien. Der Bedarf an sicheren und verfügbaren Arzneimitteln für diese Indikationen ist daher groß. Susanne Greber-Platzer, Leiterin der Universitätsklinik für Kinder- und Jugendheilkunde von MedUni Wien und AKH Wien, forscht im Bereich der seltenen Erkrankungen und sagt dazu: „Dass sich der Gesundheitsstandard in den vergangenen Jahrzehnten stark verbessert hat, ist auf die rege Forschungs- und Entwicklungstätigkeit in der Medizin zurückzuführen. Gerade auf dem Gebiet der seltenen Erkrankungen, wo es nur wenige Therapieoptionen gibt, sind Forschung und Entwicklung entscheidend, um die Lebensqualität und -erwartung von Betroffenen zu verbessern.“

Die Ziele der EU-Pharma-Gesetzgebung („EU Pharma Package“) sind die Sicherung des Zugangs zu Medikamenten, die Verfügbarkeit und die Leistbarkeit der Produkte. Der derzeitige Entwurf könnte diese Ziele aber gefährden, insbesondere etwa durch verkürzten Unterlagenschutz und die Verkürzung der Marktexklusivität. Denn der Entwurf für die neue EU-Pharmaregulierung sieht vor, die Schutzfristen zu verkürzen und eine mögliche Verlängerung an zusätzliche Bedingungen zu knüpfen. Martin Steinhart, CEO von AOP Health, erklärt am Beispiel der aktuellen Forschungstätigkeit des Unternehmens, dass Forschung im Bereich der seltenen Erkrankungen bereits jetzt herausfordernd ist: „Um ein Arzneimittel für eine seltene Blutkrebserkrankung zu erforschen, schließen wir rund 120 Patient:innen in 10 Ländern in die Studie ein; wir rechnen mit etwa 450.000 zu generierenden Datenpunkten und Kosten von fast 100.000 Euro pro Patient:in über rund sechs Jahre. Wenn die Schutzzeiten für eine solche Therapie, wenn sie überhaupt zur Zulassung kommt, verkürzt werden, sinken die Chancen, die hohen Kosten jemals zu decken. Somit sinkt der Anreiz für Unternehmen wie uns, viele Jahre und Ressourcen in die Forschung zu investieren.“ (red)