Schlechte Nachrichten für Österreichs Arzneimittelversorgung: Die deutschen Preise sollen steigen. Das soll die Lieferengpässe beseitigen und könnte Österreich treffen.
Deutschlands Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) will nun gegen Lieferengpässe bei Arzneimitteln vorgehen. Sein Rezept: Die Krankenversicherungen sollen mehr für Arzneimittel zahlen, berichtete am Dienstag die Süddeutsche Zeitung. Patentgeschützte Medikamente seien in Deutschland hochpreisig, für Arzneimittel ohne Patentschutz aber würden in der Regel niedrige Einheitspreise und Festbeträge gezahlt. Die Folge: Deutschland sei für die Industrie kein attraktiver Markt. Stark gefragte Mittel werden lieber in anderen Ländern wie den Niederlanden verkauft. „Da müssen die Preise sofort angehoben werden, das machen wir mit heutiger Wirkung“, sagte Lauterbach am Dienstag. Im Fokus sind vor allem Medikamente aus dem Erkältungsbereich und für Kinder.
Beide sind auch in Österreich knapp. „Lauterbach hat eine wichtige Ursache erkannt und will von der Billigstpreispolitik bei der Erstattung von lebenswichtigen Arzneimitteln abgehen. Denn derzeit ist die Vergütung von Medikamenten in Österreich wie auch bei unserem Nachbarn darauf ausgelegt, maximale Preissenkungen zu erzielen, auch wenn das zu Lasten der Versorgungssicherheit und der heimischen Unternehmen geht“, sagt Sylvia Hofinger, Geschäftsführerin des Fachverbands der Chemischen Industrie Österreichs (FCIO), der auch die produzierende Pharmaindustrie vertritt. Um die Versorgung der Bevölkerung mit wirksamen Arzneimitteln zu verbessern, brauche es ein Umdenken bei der Vergütung von pharmazeutischen Produkten, sagt sie.
Ähnlich argumentiert der Pharmaverband Pharmig: „Nachhaltige Veränderungen gelingen nur, wenn sie strukturell angegangen werden. Das ist speziell im Arzneimittelmarkt der Fall. Will man, wie allseits seit längerem schon zu hören, mehr Produktion in Europa und damit auch mehr Sicherheit in der Arzneimittelversorgung, dann kann das nur gelingen, wenn es auch hinsichtlich der Preise entsprechende Maßnahmen gibt“, heißt es auf Anfrage von RELATUS PHARM. Man setzte sich deshalb schon seit längerem für eine Angleichung der Arzneimittelpreise im patentfreien Bereich zumindest an die Inflation ein.
Im Dachverband der Sozialversicherungen zeigt man sich skeptisch. „Allgemein dürfen wir festhalten, dass Österreich im europäischen Kontext insbesondere im Bereich der patentfreien Medikamente zu jenen Ländern mit in der Regel höheren Arzneimittelpreisen gehört“, wird RELATUS PHARM mitgeteilt. Es gebe zudem bereits jetzt die Möglichkeit für pharmazeutische Unternehmen, Preiserhöhungen für Produkte im Erstattungskodex zu beantragen, „und von dieser Möglichkeit wird – gerade in jüngster Zeit – auch laufend Gebrauch gemacht.“ Hierbei sei nicht nur der Preis, sondern auch die Versorgungssituation relevant. „Dies trifft natürlich gleichermaßen auf Produkte für Kinder zu, worauf ein besonderes Augenmerk gelegt wird.“ (rüm)