Mehrere Organisationen kritisieren das Ende der vereinfachten Medikamentenabgabe. Sie befürchten mehr Bürokratie und eine Verschlechterung der Versorgung.
Mit 30. Juni dieses Jahres werden alle Corona-Maßnahmen aufgehoben. Das betrifft auch die während der Pandemie vereinfachte Medikamentenabholung, was bedeutet, „dass Medikamente nicht mehr rasch und unbürokratisch durch Mitarbeiter:innen mobiler Dienste oder stationärer Einrichtungen bei den Apotheken abgeholt werden können“, wie Erich Fenninger, Vorsitzender der Bundesarbeitsgemeinschaft Freie Wohlfahrt (BAG), erklärt. Die Abholung über das E-Rezept und die E-Card oder Handysignatur werden laut Fenninger die Arbeit mobiler Dienste und der stationären Langzeitpflege „enorm verkomplizieren“. Digitalisierung sei wichtig, aber müsse zu mehr Effizienz führen und nicht zu „zeitaufwändigen Verschlechterungen und zur Gefährdung der Medikamentenversorgung“.
Ähnlich sieht dies Martin König, Vizepräsident der Lebenswelt Heim Bundesverband, der eine „funktionierende und unbürokratische Versorgung der betreuungs- und pflegebedürftigen Menschen in den Alten- und Pflegeheimen mit Medikamenten“ fordert. Dazu brauche es konstruktive Gespräche und ein gemeinsames Vorgehen aller beteiligten Systempartner. „In der professionellen Pflege kam es in den vergangenen Jahren zu einer starken Verdichtung der Arbeit. Maßnahmen, die zu einer Erleichterung beitragen, sind erwünscht und hochnotwendig“, schließt sich Elisabeth Potzmann, Präsidentin des Österreichischen Gesundheits- und Krankenpflegeverbands, an. „Aus diesem Blickwinkel ist es wenig verständlich, bereits erprobte Maßnahmen wieder zurückzunehmen. Wir brauchen die durch IT-Unterstützung freiwerdenden Ressourcen in der direkten Patient:innenversorgung. Das sollte bei allen Entscheidungen, welche den Arbeitsprozess der Pflege beeinflussen, mitbedacht werden.“
„Wir haben bereits im April auf die Probleme beim Auslaufen der Verordnung hingewiesen. In Zeiten großer Personalnot sind die Alternativen inakzeptabel und sorgen bereits jetzt für Unruhe in den Belegschaften. Und es wird Kosten verursachen, die uns niemand ersetzen wird“, betont Fenninger. In einem offenen Brief an Gesundheitsminister Johannes Rauch (Grüne) und die Spitzen der Sozialversicherung fordern die BAG-Organisationen (Caritas, Diakonie, Hilfswerk, Rotes Kreuz und Volkshilfe), Lebenswelt Heim Bundesverband, Interessengemeinschaft pflegende Angehörige, Österreichische Gesundheits- und Krankenpflegeverband und der Pensionistenverband Österreichs daher dringend eine Übergangslösung und die Einbindung ihrer Expert:innen für eine praxisorientierte Lösung. (kagr)