Die Österreichische Akademie der Wissenschaften (ÖAW) liefert in ihrem Wissenschaftsbarometer Daten zur Wissenschaftskenntnis und -skepsis der Österreicher:innen.
Was sich durch die Pandemie verstärkt bemerkbar gemacht hat, lässt sich nun mit Zahlen belegen: Ein großer Teil der Österreicher:innen vertraut der Wissenschaft kaum, was beispielsweise in der Medizin wiederum zu fälschlichen Annahmen führt. Laut dem Wissenschaftsbarometer 2022 der Österreichischen Akademie der Wissenschaften ist es rund ein Drittel (30 Prozent), das so denkt. Besonders stark ist die Wissenschaftsskepsis unter Menschen aus finanziell benachteiligten Haushalten, aus dieser Gruppe vertrauen ganze 60 Prozent der Wissenschaft nicht oder wenig. Verglichen mit den Nachbarländern steht Österreich mit 70 Prozent, die Wissenschaft und Forschung „voll und ganz“ oder „eher“ vertrauen etwas besser da: In Deutschland sind es nur 62 Prozent, in der Schweiz vertrauen 59 Prozent „stark bis sehr stark“ in die Wissenschaft.
Doch auch die weiteren Ergebnisse des österreichischen Barometers unterstreichen die Wissenschaftsskepsis im Land: Ebenfalls fast jede:r Dritte denkt, dass wissenschaftliche Expert:innen mit „Politik und Wirtschaft unter einer Decke stecken“. Ebenso viele denken, dass man im Zweifelsfall mehr der „Lebenserfahrung einfacher Menschen“ vertrauen sollte als den Einschätzungen von Wissenschaftler:innen. Und sogar ganze 37 Prozent der Befragten ziehen den „gesunden Menschenverstand“ wissenschaftlichen Studien vor. Mehr als die Hälfte der Befragten habe zwar Interesse an Wissenschaft und Forschung, aber nur ein Viertel ist „sehr stark interessiert“. Sich über Wissenschaftsthemen zu unterhalten, hält zwei Drittel der Befragten für „sehr wichtig“, aber nicht einmal die Hälfte der Befragten sucht gezielt nach Informationen. Für gut informiert halten sich 37 Prozent, die wichtigste Quelle ist das Internet.
Auch spezifische Fakten wurden abgefragt, wobei 28 Prozent angaben, dass Antibiotika auch gegen Viren helfen würden. Nur etwas mehr als die Hälfte bestätigte, dass Elektronen kleiner sind als Atome. Für ÖAW-Präsident Heinz Faßmann sind die Ergebnisse besorgniserregend. „Die Autorität unseres Wortes reicht nicht mehr, wir müssen in einem höheren Ausmaß als je zuvor erklären, vermitteln und überzeugen. Das betrachte ich als dringenden Auftrag an die Politik und die Wissenschaft selbst“, sagt Faßmann. Er sei froh, dass Bildungs- und Wissenschaftsminister Martin Polaschek (ÖVP) dem Thema „höchste Wichtigkeit“ beimisst. Für das Wissenschaftsbarometer befragte das Gallup-Institut etwas mehr als 1.500 Personen. Die ÖAW plant nun zielgruppenspezifische Programme für Wissenschaftsvermittlung, um die Kommunikation zu verbessern, startete sie außerdem vor kurzem Medien- und Vermittlungstrainings für Wissenschaftler:innen. (kagr)