Blutplasmaprodukte sollen in Zukunft in mehrfacher Hinsicht eine Rolle bei der Behandlung von COVID-19 spielen, erklärten Experten bei einem Online-Hintergrundgespräch der Pharmig.
Konzentrierte Antikörper-Präparate aus Plasma von Spendern, die eine COVID-19-Erkrankung überstanden haben, werden derzeit in Kooperation von führenden Unternehmen auf diesem Gebiet wie Takeda oder Octapharm entwickelt. Damit soll eine industriell standardisierte und sichere Therapieform für Schwerkranke bereitgestellt werden. Die Pharmig Academy hat den ersten Plasma-Dialog mit zahlreichen Experten organisiert und der lieferte interessante Einblicke. So könnten die Medikamente auch als eine Art „passive Impfung“ zur Verhütung von SARS-CoV-2-Infektionen für bestimmte Risikopersonen verwendet werden. „Klinische Studien laufen schon. Wir hoffen, dass es in absehbarer Zeit eine Zulassung geben wird und rechnen für Ende des Jahres mit der Einreichung eines Zulassungsantrages“, sagte Josef Weinberger (Octapharma).
Auch Immunglobuline (IgG) von Plasmaspendern ohne vorangegangene COVID-19-Erkrankung könnten in Zukunft eine Hilfe darstellen. „Die Immunglobuline regeln das Immunsystem herunter“, sagte Weinberger. Das soll im Falle eines im Verlauf einer durch SARS-CoV-2-Infektion entstandenen Hyper-Immunreaktion (Zytokinsturm) das außer Rand und Band geratene körpereigene Abwehrsystem des Patienten wieder unter Kontrolle bringen. „Wenn man diese Immunglobuline rechtzeitig verabreicht, kann man nach den bisher vorliegenden Daten eine Reduktion der Sterblichkeit der Patienten um 50 Prozent erreichen“, erklärte der Experte. Die Hospitalisierung könne möglicherweise noch deutlicher gesenkt werden.
„Beim Convaleszenten-Plasma brauchen wir noch weitere Daten, bis der Beweis für Wirksamkeit und Sicherheit vorliegt“, sagte Christa Wirthumer-Hoche (AGES). Hier komme den Arzneimittelbehörden in Aufsicht und Zulassung eine besondere Rolle zu. Das alles aber hängt – genauso wie die Produktion aller rund 60 verschiedenen aus Blutplasma gewonnenen Medikamente – vom Aufkommen an Spenderplasma aus Spitälern, vom Roten Kreuz und in kommerziellen Blutplasma-Spendezentren ab. „Wir betreiben in Deutschland 20 Plasmaspende-Zentren. Derzeit ist der Rückgang mit etwa minus fünf Prozent überschaubar. Aber wir sind für die Versorgung von Europa zu etwa 40 Prozent von Importen von Spenderplasma aus den USA abhängig“, erklärte Weinberger. Dort seien die Einbrüche viel stärker. „Wir rechnen, dass wir im besten Fall in diesem Jahr 75 bis 80 Prozent auftreiben können.“ (APA)