Eine Bluttat im Wiener Krankenhaus SMZ Süd – ein Patient hatte am Mittwoch einen 64 Jahre alten Oberarzt für Kardiologie niedergestochen – hat eine Diskussion um die Sicherheit von Gesundheitsberufen ausgelöst. Angriffe sollen als schwere Körperverletzung wie das auch für Polizisten gelte gewertet werden, fordert Ärztekammerpräsident Thomas Szekeres.
Während die niederösterreichische Landeskliniken-Holding am Donnerstag mitteilte, dass im Vorjahr in den niederösterreichischen Landeskliniken 2.562 Übergriffe verzeichnet wurden, gab der Wiener Krankenanstaltenverbund (KAV) keine Zahlen zu Gewalttätigkeiten gegenüber Ärzten und Pflegekräften in den Spitälern in der Bundeshauptstadt bekannt. Man wolle die Patienten nicht beunruhigen, hieß es am Donnerstag . „Es geht nicht darum, etwas unter den Teppich zu kehren. Konkrete Zahlen könnten allerdings ein falsches Bild zeichnen. Es könnte der falsche Eindruck entstehen, dass man sich fürchten muss, wenn man ins Spital geht“, argumentierte KAV-Sprecherin Marion Wallner. Im Großteil der Fälle gehe es um verbale Gewalt, körperliche Übergriffe seien die Ausnahme. Betroffen wären vor allem psychiatrische Abteilungen, „wo Patienten aufgrund ihres Gesundheitszustands oft nicht adäquat reagieren können“, sagte Wallner. Mit Securitys und Video-Überwachung – beides gibt es laut Wallner in jeder Krankenanstalt zumindest „in besonders vulnerablen Bereichen“ – habe man gute Erfahrungen gemacht. Das Hauptaugenmerk richtet man beim KAV auf Präventivmaßnahmen, „um Gewalt zu verhindern“, wie Wallner betonte.
Der aktuelle Fall ist laut ÖÄK-Präsident Thomas Szekeres „der traurige Tiefpunkt einer Entwicklung, die wir schon länger mit Sorge beobachten.“ Aggressives Verhalten und Gewalt gegen Ärztinnen und Ärzte sowie medizinisches Personal nehmen immer weiter zu, hielt Szekeres fest. Die ÖÄK forderte daher „dringend wirksame Maßnahmen zur Erhöhung der Sicherheit in Spitälern“. Die Sicherheit von Ärzten und anderen Angehörigen der Gesundheitsberufe sowie ein unbelastetes Vertrauensverhältnis zwischen Arzt und Patient seien entscheidende Säulen der Gesundheitsversorgung. Deshalb tritt die ÖÄK dafür ein, Angriffe auf Gesundheitspersonal wie bei Polizisten, Gutachtern oder Beamten strafrechtlich generell als schwere Körperverletzung zu ahnden. Dies könne auf einen Teil der Täter abschreckend wirken. „Wir werden alles tun, um unsere berechtigten Forderungen durchzusetzen und um weitere Gewalttaten gegenüber Ärztinnen und Ärzten verhindern zu helfen“, kündigte ÖÄK-Präsident Szekeres an. Ein Anti-Gewalt-Paket in Form von Strafrechtsverschärfungen liege bereits beim Parlament: „Jetzt ist der Zeitpunkt, es auch zu beschließen.“
Ein Mal mehr sprach sich die ÖÄK für mehr Personal in Spitälern und mehr Kassenarztstellen aus, um die Wartezeiten in Ambulanzen und Ordinationen zu reduzieren. Man fordere schließlich schon lange mehr Geld im Gesundheitssystem – die Erhöhung der Gesundheitsausgaben auf zwölf Prozent des Bruttoinlandsproduktes sei überfällig. „Man muss endlich aufhören, das Gesundheitswesen als reinen Kostenfaktor zu sehen“, appellierte Szekeres. „Gewalt gegen Ärzte darf es nicht geben – hier müssen Politik, Sozialversicherungen und Ärztekammer starke und eindeutige Signale aussenden“, erklärte auch Vize-Präsident Johannes Steinhart als Obmann der Bundeskurier niedergelassene Ärzte. Die Messerattacke zeige einmal mehr, wie richtig die Niedergelassenen-Kurie mit ihrer Ärzteumfrage, ihrer Aktion gegen Gewalt und Aggression in Arztpraxen und mit den inzwischen in Wien angebotenen Deeskalations-Workshops liegt, betonte Steinhart via soziale Medien. (APA/rüm)