Österreich hat nun eine „Strategie für ein klimaneutrales Gesundheitswesen“. Die größte Herausforderung liegt dabei bei Arzneimitteln und Medizinprodukten.
Österreich hat als eines der ersten europäischen Länder neben England und Frankreich eine „Strategie für ein klimaneutrales Gesundheitswesen“ bis 2040 erarbeitet, die nun von Gesundheitsminister Johannes Rauch und Umweltministerin Leonore Gewessler (beide Grüne) präsentiert wurde. Der Gesundheitssektor ist für rund sieben Prozent des CO2-Ausstoßes in Österreich verantwortlich, weshalb dringend Handlungsbedarf besteht. Die Strategie enthält Maßnahmen für alle klimarelevanten Handlungsfelder: Dazu zählen etwa nachhaltige Beschaffungskriterien, wiederverwendbare Medizinprodukte, die Optimierung von Verpackungsgrößen bei Medikamenten, Sanierung von Gebäuden, Ernährungssystem und Energieversorgung oder das Abfallmanagement.
Den größten Anteil am CO2-Fußabdruck des österreichischen Gesundheitswesens verursachen Medizinprodukte und Arzneimittel im niedergelassenen Bereich und in Krankenhäusern. Sie sind für 38 Prozent der Emissionen (20 Prozent im ambulanten Bereich, 18 Prozent in Krankenhäusern und sonstigen Gesundheitseinrichtungen) verantwortlich. Eingeschlossen in die Berechnung sind Herstellung, Verwendung und Entsorgung von Medizinprodukten und Arzneimitteln. In der Strategie wird daher auf eine nachhaltige Beschaffung, den Umstieg von einmal verwendbaren Medizinprodukten auf Mehrfachnutzung und die Optimierung von Verpackungsgrößen, um Arzneimittelverwurf zu reduzieren, gesetzt.
Auch gesundheitspolitische Maßnahmen spielen eine wichtige Rolle: Investitionen in Prävention und Gesundheitsförderung reduzieren den Bedarf an Arzneimitteln und Medizinprodukten nachweislich. Wesentliche Ansatzpunkte sind hier aktive Mobilität (Gehen, Radfahren), eine gesunde und klimafreundliche Ernährung und die Schaffung von Grünflächen. Im Bereich der Mobilität wird auf die Umstellung auf E-Mobilität und im Bereich Ernährung auf die Förderung von verstärkt pflanzlicher Ernährung, Komponentenwahl statt Menüwahl zur Reduktion der Lebensmittelabfälle, sowie Beschaffung von biologischen, regionalen und saisonalen Lebensmitteln verwiesen. Weitere wichtige Punkte sind die Sanierung von Gebäuden und klimafreundliche Standards für Neubauten. Bis zu 15 Prozent aller klimarelevanten Emissionen im Gesundheitssektor entstehen durch den direkten Energieverbrauch der Gesundheitseinrichtungen oder bei den Lieferanten von Strom und Wärme.
Mit einem Anteil von 83 Prozent sind Krankenhäuser für den größten Teil des Energieverbrauchs und CO2-Emissionen der Gesundheitseinrichtungen verantwortlich. Reduzieren lässt sich der CO2-Ausstoß neben oben Genanntem auch durch einen raschen Ausstieg aus fossilen Energieträgern. Gefördert werden unter anderem die Umstellung von fossilen auf erneuerbare Energieträger, die thermische Sanierung des Gebäudes und Energiesparmaßnahmen bei der Wärme-, Dampf-, Brauchwasser- und Kälteversorgung oder die Installation von effizienter Beleuchtung. Für die Umsetzung stellt das Klimaschutzministerium bis 2030 insgesamt 400 Millionen Euro bereit.
Gemeinsam mit dem Gesundheitsministerium und der Gesundheit Österreich GmbH wurden dafür drei Förderschienen entwickelt. Krankenhäuser, Rehabilitationszentren sowie Senioren- und Pflegeheime erhalten bis zu 50 Prozent der Investitionen. Die Höchstgrenze liegt bei maximal 6 Millionen Euro pro Projekt. Außerdem werden Rettungsorganisationen mit 50 Prozent bis zu 4,5 Millionen Euro bei klimafreundlichen Investitionen in Gebäude unterstützt. Um bis 2040 Klimaneutralität zu erreichen, werden sowohl Anreize wie Förderungen als auch gesetzliche Verpflichtungen für Gesundheitseinrichtungen vorgeschlagen. Erarbeitet wurden sie vom Kompetenzzentrum Klima und Gesundheit der Gesundheit Österreich GmbH in einem Stakeholder-Prozess.
Fachlich begleitet wurde die Erarbeitung von namhaften Expert:innen wie der Klimaforscherin Helga Kromp-Kolb oder Günther Lichtblau vom Umweltbundesamt. Mit der Strategie nimmt Österreich international die Vorreiterrolle in Sachen Klimaneutralität im Gesundheitswesen ein. „Die Klimakrise verursacht hohe Folgekosten im Gesundheitswesen. Es ist höchste Zeit, dass Gesundheitseinrichtungen selbst Vorbild auf dem Weg zur Klimaneutralität werden“, betonten Gesundheitsminister Rauch und Umweltministerin Gewessler. (kagr/APA)