In Tirol läuft ein Disziplinarverfahren, weil Landesbedienstete sich unerlaubt vorzeitig haben impfen lassen. Auch aus Apothekerkreisen wurden nun weitere Fälle bekannt – nach Vorarlberg jetzt in der Steiermark. Der dortige Kammerpräsident versucht zu beruhigen.
Immer wieder tauchen Meldungen über Impf-Drängler auf. Besonders heikel, wenn es sich dabei um offizielle Stellen handelt. Drei Mitarbeiter des Landes Tirol – darunter ein hoher Landesbediensteter – ließen sich etwa im Zuge der großen Studie „Schwaz impft“ im Frühjahr unerlaubt einen Piks geben, berichtet die Kronen Zeitung. Das sorgte für gehörigen Wirbel. Nun liegt das Ergebnis des Disziplinarverfahrens vor. Vonseiten des Dienstgebers gibt es „Verwarnungen“.
In der Steiermark finden sich wiederum – wie nun bekannt wurde – auf einer Liste zur Durchimpfung von Apothekern Anfang März auch branchenfremde Personen – darunter ein Grazer FPÖ-Bezirksrat (Name der Redaktion bekannt). Er war für eine Stellungnahme nicht erreichbar. Auch Familienmitglieder von Apothekern finden sich auf der Liste, die der RELATUS PHARM-Redaktion vorliegt. „Wir haben seitens der Landesgeschäftsstelle Steiermark der Österreichischen Apothekerkammer im Jänner die Impfbereitschaft der ApothekenmitarbeiterInnen abgefragt, die Bereitstellung der nötigen Impfstoffe mit dem Impfkoordinator verhandelt, der uns auch den Kontakt zu den drei Impfstraßen in steirischen Spitälern herstellte und ein Online-Anmeldetool bei einer externen Firma gebucht. In den Tagen vor den Impfterminen gab es offenbar ein hektisches Ein-, Ab- und Ummelden der Impfwilligen, auch bedingt durch die mediale Diskussion um den AstraZeneca-Impfstoff, was uns eine Reihe kurzfristiger Abmeldungen bescherte“, argumentiert der steirische Apothekerkammer-Präsident Gerhard Kobinger auf Anfrage der Nachrichtenplattform RELATUS PHARM. Bei diesen Impfterminen seien neben den etwa 1.500 Apothekenbeschäftigten jedenfalls auch rund 150 Beschäftigte des Pharma-Großhandels geimpft worden sowie etwa 50 bis 100 Personen, die die Spitäler als Impfstraßen-Betreiber organisierten, um einen Verwurf zu vermeiden, betont Kobinger: „Daher – und auch aus Datenschutzgründen – kann ich zu einzelnen Personen auf irgendwelchen Listen nichts sagen.“
Wirklich ein Problem sieht er allerdings nicht und lehnt auch die Letztverantwortung ab: Er sei mit der Listenerstellung nicht befasst gewesen, sagt er und weiter: „Wenn es im Zuge dieser vielen kurzfristigen Überarbeitungen zu einzelnen Impfungen apothekenfremder Personen gekommen sein sollte, ist das bedauerlich, bei der großen Anzahl und dem engen Zeitkorsett aber vermutlich auch nur schwer zu vermeiden.“ Ob apothekenfremde Personen auf diese Liste gekommen seien, lasse sich zum jetzigen Zeitpunkt nicht mehr nachvollziehen und „ist aus datenschutzrechtlichen Gründen auch gar nicht möglich.“ Auffallend: der FPÖ-Funktionär ist einer Apothekennummer zugeteilt, die es nicht gibt. „Diese fiktive Nummer war für die Großhandelsmitarbeiter vorgesehen, die konnten wir gar nicht überprüfen“, erklärt Kobinger. Man habe die Anmeldeplattform für die eigenverantwortliche Eintragung der Impfwilligen extern beauftragt und klar kommuniziert, dass dieser Termin für Apotheken- und Großhandelsbeschäftigte vorgesehen ist, verteidigt sich Kobinger. Allerdings sind unter der fiktiven Nummer auch zwei Beschäftigte der steirischen Landesgeschäftsstelle der Apothekerkammer auf der Liste eingetragen.
Der Fall ist der zweite im Bereich der Standesvertretung, der für Aufsehen sorgt. Im Jänner gab es wie berichtet Kritik am Vorarlberger Apothekerkammer-Präsidenten und Präsidenten des Österreichischen Apothekerverbandes, Jürgen Rehak, weil er seine Lebensgefährtin, eine niederösterreichische Apothekerin, auf die Impfliste der Vorarlberger Apotheken gesetzt hatte, wie er selbst einräumte. Die Frau war eigens aus Niederösterreich nach Vorarlberg gefahren, um sich früh impfen zu lassen, wie sie in einem Facebook-Posting schrieb. Das Posting wurde später gelöscht. Rehak sah in der Kritik eine Kampagne seiner Gegner im beginnenden Verbandswahlkampf. Er selbst sah in der Impfung kein Problem. Er habe seine Lebensgefährtin, die einen Wohnsitz in Vorarlberg hat und auch immer wieder in seiner Apotheke im Sinne des Familienverbandes mitarbeitet, zur Impfung der Gesundheitsberufe in Vorarlberg angemeldet, sagte er auf Anfrage von RELATUS PHARM. (rüm)