Reichen die Maßnahmen der EU und Österreichs im Kampf gegen Lieferengpässe?
Die EU-Kommission will jetzt mit Bevorratungskäufen gegen Lieferengpässe vorgehen. Der Chef von Ratiopharm Deutschland warnt indes vor einer Ausweitung des Medikamentenmangels.
Der Geschäftsführer des Arzneimittelherstellers Ratiopharm, Andreas Burkhardt, rechnet mit einer Ausweitung des Medikamentenmangels in Deutschland. „Es werden in Zukunft noch viel mehr Medikamente knapp werden“, sagte Burkhardt der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“. Für die Hersteller lohne es sich angesichts steigender Preise für Energie und Grundstoffe nicht mehr, Arzneimittel für den streng regulierten deutschen Markt zu produzieren. Das gelte nicht bloß für Schmerzmittel für Kinder und Antibiotika. Das bestehende Preissystem habe Deutschland zunehmend von Lieferanten aus China und Indien abhängig gemacht.
Die EU-Kommission kündigte am Wochenende an, rascher gegen den Medikamentenmangel in Europa vorgehen zu wollen. Die Europäische Arzneimittelagentur (EMA) werte gegenwärtig den Markt für wichtige Antibiotika aus, sagte EU-Gesundheitskommissarin Stella Kyriakides der „Welt am Sonntag“. Man berate mit Herstellern, wie sich die Produktionskapazitäten mit der Nachfrage in Einklang bringen ließen. Außerdem will die EU selbst Geld für die Bevorratung und Beschaffung von Medikamenten in die Hand nehmen. Ein Teil des Budgets der EU-Behörde für Krisenvorsorge und Krisen – European Health Emergency Response Authority (HERA) –, das heuer 1,3 Milliarden Euro umfasse, könnte für die Anschaffung von Medikamenten verwendet werden, sagte Kyriakides. Die EU müsse die Medikamentenversorgung „für alle Bürger zu jeder Zeit“ sicherstellen. Sie sprach sich für ein europäisches Frühwarnsystem und eine EU-Liste für kritische Medikamente aus. Zahlreiche Arzneimittel sind in nahezu allen EU-Ländern gar nicht oder nur schwer verfügbar. Dazu gehören etwa Antibiotika, Schmerzmittel, Insuline und Krebstherapiemittel. (rüm/APA)