Neuer Wirkstoff gegen Geschlechtskrankheiten entdeckt

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Sexuell übertragbare Krankheiten breiten sich derzeit wieder vermehrt aus. Ein Forschungsteam aus Wien hat nun einen neuen Wirkstoff entdeckt, der Hoffnung gibt.

Geschlechtskrankheiten „feiern“ seit ein paar Jahren ihr Comeback. Die Infektionszahlen steigen weltweit an, was Forschende dazu bewegt, ein effektives Gegenmittel zu suchen. Einem Team der MedUni Wien und des CeMM Forschungszentrums für Molekulare Medizin ist es nun gelungen, einen Wirkstoff zu identifizieren, der vor allem bei Chlamydien und auch anderen bakteriellen Erregern wirksam ist. Pentamidin war in den Untersuchungen der einzige Wirkstoff, der „bereits in sehr geringen Konzentrationen gegen Chlamydien wirkt, und zwar sowohl bei systemischer Applikation als auch bei lokaler Anwendung im Genitalbereich“, berichtete Studienleiter Georg Stary von der Universitätsklinik für Dermatologie der MedUni Wien und Forschungsgruppenleiter am CeMM. Von 2.200 getesteten Wirkstoffen konnten 28 das Wachstum der Chlamydien signifikant reduzieren, aber nur Pentamidin konnte sogar eine Infektion verhindern. Die Studie wurde kürzlich im Fachjournal „Cell Reports Medicine“ publiziert.

Weitere Untersuchungen im Zellmodell ergaben, dass Chlamydien den Stoffwechsel der Wirtszellen für ihr eigenes Wachstum benötigen, was als neuer Angriffspunkt gegen Chlamydien genutzt werden kann. „Die von uns identifizierte Substanz unterdrückt das Wachstum der intrazellulären Bakterien, indem es den Stoffwechsel der Wirtszellen hemmt“, verdeutlicht Stary die Wirkweise von Pentamidin, einem sogenannten Antiprotozoikum, das zur Behandlung bestimmter Infektionserkrankungen bereits breit im Einsatz ist. Zusätzlich zu Chlamydien blockiert Pentamidin den Tests zufolge auch das Wachstum von Neisseria gonorrhoeae, dem Erreger der Gonorrhoe (Tripper).

„Laktobazillen als Vertreter der vaginalen Flora konnten sich bei einer vergleichbaren Pentamidinkonzentration hingegen noch immer vermehren, was auf eine gute Verträglichkeit schließen lässt“, strich Erstautorin Katja Knapp, ebenfalls vom Universitätsklinikum für Dermatologie der MedUni Wien und Forscherin am CeMM hervor. „Vor allem Menschen mit Risikoverhalten, sich mit sexuell übertragbaren Erregern anzustecken, könnte die lokale Anwendung als Prophylaxe von Chlamydieninfektionen und möglicherweise auch anderen sexuell übertragbaren Infektionen empfohlen werden“, meinte Stary im Vorfeld weiterer Studien mit Pentamidin als Vorlage, um strukturell ähnliche Substanzen zu entwickeln, die spezifisch auf genitale Erreger abzielen und für eine klinische Anwendung geeignet sind. Inzwischen werden die aktuellen Erkenntnisse von der MedUni Wien zur möglichen Patentierung weiterverfolgt. (kagr)

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