Mehrere österreichische Medizinuniversitäten haben das neue „Austrian Comprehensive Cancer Network“ gegründet. Am Dienstag wurden Pläne und Ziele präsentiert.
Krebs ist unverändert die zweithäufigste Erkrankung in Österreich. Laut dem aktuellen Krebsreport soll die Zahl der Krebskranken hierzulande bis 2030 auf 460.000 steigen. Die MedUnis Wien, Innsbruck und Graz möchten dem entgegenwirken und haben daher das neue Forschungsnetzwerk „Austrian Comprehensive Cancer Network“ (ACCN) gegründet. Anlässlich des bevorstehenden Weltkrebstags am 4. Februar wurde die Initiative am Dienstag dieser Woche zusammen mit Bildungsminister Martin Polaschek (ÖVP) präsentiert. Ziel ist es, die Forschung in den Fokus zu rücken und über Bundesländergrenzen hinweg an der Verbesserung von (früheren) Diagnosen, Therapien und der Patient:innenversorgung zu arbeiten. Laut Philipp Jost, Leiter des CCC Graz und der klinischen Abteilung für Onkologie der MedUni Graz, soll das ACCN dazu führen, dass die Versorgung an allen Standorten „gleich gut“ stattfindet und dass klinische Studien vereinheitlichter, schneller und kosteneffizienter durchgeführt werden können. Auch wolle man die Zusammenarbeit nicht nur auf die drei teilnehmenden MedUnis beschränken, sondern auch verstärkt andere Einrichtungen und Interessensvertreter mit der Initiative ansprechen und einbinden.
Das im neuen Netzwerk gebündelte Fachwissen stammt aus den Comprehensive Cancer Centers (CCC) in Wien, Graz und Innsbruck – diese symbolisieren die Verbünde von Kliniken und medizinischen Universitäten an den jeweiligen Standorten. Mit dem ACCN werde keine weitere Verwaltungseinheit geschaffen, es gehe vielmehr um den Ausbau des Austausches, der Zusammenarbeit, den gemeinsamen Aufbau von und Zugriff auf Patient:innenregisterdaten sowie die breitere Nutzung von Biodatenbanken, aus denen wichtige Rückschlüsse auf Diagnose und Therapie gezogen werden könnten, sagten die drei anwesenden CCC-Leiter bei der Projektpräsentation. Ein Beispiel für den Mehrwert des neuen Netzwerks sei etwa im Bereich der „Präzisionsonkologie“ erwartbar, also der „zielgerichteten Therapie von Patient:innen über Tumormerkmale“: Hier gebe es eine Reihe von Initiativen, die Merkmale von Biomarkern individueller Patient:innen für Therapieentscheidungen zu nutzen. Neben der Harmonisierung von Krebsbiobanken gehe es etwa auch um den Aufbau eines „digitalen Tumorboards“, erklärte Shahrokh Shariat, Leiter der Universitätsklinik für Urologie der MedUni Wien und AKH Wien sowie Leiter des CCC Wien. Tumorboards bieten dabei den behandelnden Ärzt:innen eine Art Plattform, um Therapieansätze unter Beteiligung verschiedener Fachrichtungen zu eruieren und zu planen. „Lokale Tumorboards“ gebe es bereits, über das ACCN könne der Kreis der Expertise noch vergrößert und bei sehr komplexen Fragestellungen sowie Therapieentscheidungen genutzt werden.
Bildungsminister Polaschek verwies auf entsprechende Initiativen auf EU-Ebene, etwa die „EU Cancer Mission“, im Rahmen derer bis 2030 mehr als drei Millionen Leben gerettet werden sollen und vor allem auch die Lebensdauer und -qualität von Erkrankten verbessert werden soll. In Europa verlieren laut Statistik 1,3 Millionen Menschen jedes Jahr ihr Leben durch Krebs. In der EU-Initiative geht es auch darum, die Vernetzung und die Zusammenarbeit im Bereich der Krebsforschung zu stärken, etwa auf nationaler Ebene durch Netzwerke, wie es das ACCN nun darstellt. Durch seine Gründung sei man frühzeitig gut aufgestellt, mehr nationale, aber auch vor allem auch europäische Fördermittel zu lukrieren, meinte Polaschek. (kagr)