Der neuen Österreichischen Gesundheitskasse (ÖGK) stehen schwere Zeiten bevor, sagt Vizeobmann Andreas Huss. Selbst ohne Ausweitungen der Leistungen würden hunderte Millionen fehlen. Huss fordert von der Regierung mehr Geld.
Für die neue, nach der Zusammenlegung der neun Gebietskrankenkassen entstandene, Österreichische Gebietskrankenkasse, beginnen die harten Zeiten erst, sagt ÖGK-Vizeobmann Andreas Huss im RELATUS-Interview. Nach dem offenbar reibungslosen Start am 1. Jänner geht es nun darum Synergien aus der Fusion zu ziehen, wie ÖGK-Generaldirektor Bernhard Wurzer zuletzt betont hat. Er will durch „Synergieeffekte noch bessere Leistungen und Services unseren Versicherten anbieten können.“ Huss sieht das allerdings skeptischer: für die ÖGK seien bis 2021 Defizite von insgesamt rund 530 Millionen Euro prognostiziert. Insgesamt seien der ÖGK noch durch Regelungen der alten türkis-blauen Regierung pro Jahr 200 Millionen genommen worden, sagt er. „Etwa 150 Millionen wird uns ab 2020 die Einzelfallabrechnung mit der Unfallversicherung mehr kosten. Die Zahlungen an den Privatkrankenanstaltenfonds steigen um 20 Millionen und die Mittel aus dem Gesundheits- und Sozialbereich-Beihilfengesetz wurden um 30 Millionen gekürzt.“ Um wie geplant, alle Leistungen für die Versicherten bundesweit auf dem höchsten Niveau der Krankenkassen zu vereinheitlichen, brauche es deshalb eine Milliarde als Zuschuss von der Regierung.
Die angekündigte teilweise Nichtnachbesetzung von Beschäftigten werde die Lücke nicht schließen können. „Selbst wenn wir 1000 Mitarbeiter weniger haben, sind das Einsparungen von etwa 50 Millionen. Und die Hoffnung auf Einsparungen durch den medizinischen Fortschritt teile ich nicht – der hat und noch nie sparen geholfen. Es ist gut und wichtig, dass wir den Fortschritt unseren Versicherten zugänglich machen – das hat aber eben auch immer mehr gekostet.“ Er habe vielmehr die Sorge, dass sich die ÖGK eben diesen Fortschritt nicht werde leisten können. „Da ist eher zu erwarten, dass dadurch unser Kundenservice schlechter wird.“
„Die von der türkis-blauen Regierung propagierte Patientenmilliarde sehe ich jedenfalls nicht – im Gegenteil“, sagt Huss. Da eben die von Bundeskanzler Sebastian Kurz geführte Regierung die Reform – „und nicht die Versicherten“ – bestellt habe, solle sie auch für die Kosten aufkommen, fordert der Vize-Obmann.
Ein im vergangenen Sommer vorgelegtes Gutachten für das Sozialministerium kam allerdings zum Schluss, dass die Reform jährlich rund 300 Millionen an Einsparungen bringt. Nicht zuletzt deshalb gab sich Wurzer bisher immer optimistisch. Er sei überzeugt, dass in den Prozessen, die man neu aufsetze viel Potenzial zu Einsparungen sei, sagte er. Sozial- und Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) kündigte zuletzt an, die Kassenreform vom ÖVP und FPÖ genau beobachten zu wollen. Man werde sich ansehen, ob die Ziele erreicht werden, sagte Anschober. (rüm)