Die Landesgeschäftsstelle Oberösterreich der Apothekerkammer hat mit jener Agentur zusammengearbeitet, die auch für den Versandriesen „Shop Apotheke“ lobbyiert. Das hat die Kammer nun bestätigt. Das Auftragsvolumen der Oö-Kammer: „Deutlich unter 100.000 Euro.“
Die Apothekerkammer hat nun erstmals Stellung dazu genommen, dass eine renommierte Agentur, die die Kammer als Kunden führt, im Namen der „Shop Apotheker“ für eine Marktliberalisierung in Österreich lobbyiert. Nach dem Apothekerverband hat am Wochenende auch die Apothekerkammer bestätigt, dass es eine Zusammenarbeit mit der Agentur gab. Allerdings habe die Kammer mit der Gruppe die Zusammenarbeit bereits zu Jahresbeginn beendet. Nachsatz: „Mit der Landesgeschäftsstelle Oberösterreich bestand eine laufende Geschäftsbeziehung, die sofort nach Bekanntwerden der Lobbyingtätigkeit für die Shop-Apotheke beendet wurde.“ Somit bestehe keinerlei Zusammenarbeit der Österreichischen Apothekerkammer mehr mit der Agenturgruppe. „Die Gesamtsumme, die von der Apothekerkammer an die Gruppe heuer bezahlt wurde, liegt deutlich unter 100.000 Euro“, teilte die Kammer auf Anfrage von RELATUS PHARM mit.
Der Österreichische Apothekerverband wiederum hatte bereits eingeräumt, dass man mit der Gruppe zusammengearbeitet hatte. Das sei aber ebenfalls umgehend beendet worden. Zum Volumen wurden keine Angaben gemacht. Die Landesgruppe Oberösterreich des Apothekerverbands habe und hat hingegen keine Geschäftsbeziehung zur Gruppe, hieß es am Wochenende aus dem Apothekerverband, dessen Vizepräsident Thomas Veitschegger auch Präsident der Oö-Apothekerkammer ist. „Unsere Landesgruppen haben keine eigene Rechtspersönlichkeit, können solche geschäftlichen Beziehungen also nicht eingehen“, teilte der Apothekerverband auf Anfrage mit. Die Apothekerkammer will nun Schritte setzen, da „die Vorgehensweise der Agentur klar gegen die Richtlinien der PR-Ethik verstößt, weshalb wir bereits eine Beschwerde beim PR-Ethikrat eingereicht haben.“
Wie exklusiv berichtet, hatte die Agentur im Namen der „Shop Apotheke“ Kontakt mit Bundespolitikern aufgenommen, mit dem Ziel, den Versand auch von rezeptpflichtigen Medikamenten zu ermöglichen. Im Papier von „Shop Apotheke“, das RELATUS PHARM vorliegt, und das den Titel „Projekt Liberalisierung des Versandes rezeptpflichtiger Medikamente in Covid-19“ trägt, wird die Marktöffnung mit der Corona-Krise und dem Schutz vulnerabler Gruppen argumentiert. Dass das Thema Versandhandel die Apotheken stark beschäftigte, liegt für den Apothekerverband darin, dass „Versandhandel und Digitalisierung zwei wichtige Themen für die gesamte Apothekenbranche sind.“ Es gehe darum, sich langfristig für die Zukunft aufzustellen und Modelle zu entwickeln, die eine sichere, wohnortnahe und flächendecke Arzneimittelversorgung der Bevölkerung garantieren – „nicht wegzudenken ist dabei die Beratung durch pharmazeutische Expertinnen und Experten.“ Das könne nur über die öffentliche Apotheke funktionieren, ausländische Konzerne können hier nicht die Antwort sein. Zur Kritik von Apothekern, dass dies zu lange dauere und Konkurrenten wie „Shop Apotheke“ mit ihrem Lobbying vorpreschen, heißt es aus dem Apothekerverband: „Entsprechende Konzepte werden im Zusammenspiel der gesamten Apothekerschaft aktuell entwickelt – dabei bringt sich der Apothekerverband maßgeblich ein.“ (rüm)
RELATUS KURZUMFRAGE: Wie beurteilen Sie die Situation, dass Standesvertretung und „Shop Apotheke“ den gleichen Berater haben?