Die von den USA beschleunigte Diskussion zur Aufhebung von Patenten auf Corona-Impfstoffe sorgt international und in Österreich für Diskussionen. Die Industrie glaubt, dass das Ziel, ärmere Länder rasch durchzuimpfen, anders erreicht werden kann.
„Wir sind uns in vollem Umfang bewusst, dass die herausfordernde Extremsituation der Pandemie auch ungewöhnliche Maßnahmen erfordert, um für Patienten die entsprechende Versorgung mit innovativen medizinischen Lösungen sicherzustellen“, betont Bernhard Ecker, Präsident des Forums der forschenden pharmazeutischen Industrie in Österreich (FOPI). „Doch die laufende Diskussion um die Aussetzung von Patentrechten ist die falsche Antwort auf ein komplexes Problem. Der Verzicht auf Patente wird weder die Produktion steigern noch jene Lösungen liefern, die zur Bekämpfung dieser globalen Gesundheitskrise erforderlich sind.“
Der Schutz von geistigem Eigentum sei der Motor von Innovationen und Voraussetzung für Forschung und Entwicklung. „Nur wer Planungssicherheit hat, kann auch in Zukunft in die Erforschung von derzeit noch unzureichend behandelbaren Erkrankungen investieren“, argumentiert Ecker. „Das FOPI als Vertretung von Österreichs forschender Pharmaindustrie ruft die österreichische Bundesregierung daher auf, den Patentschutz auf europäischer und globaler Ebene zu verteidigen. Wer Patentschutz schwächt, gefährdet die Entwicklung der Therapien von morgen und Arbeitsplätze in Forschung und Entwicklung von heute.“
Die von den USA angestoßene Diskussion rund um die Aufhebung des Patentschutzes für Corona-Impfstoffe ist auch aus Sicht der chemischen Industrie kontraproduktiv. Dies zeigte sich auch beim informellen EU-Gipfel in Porto, bei dem viele politisch Verantwortliche in Europa ihre Skepsis darüber äußerten, dass eine Aufhebung des Patentschutzes rasch zu einer globalen Durchimpfung führen wird, berichtet der Fachverband der Chemischen Industrie Österreichs (FCIO). Die derzeit zugelassenen Vakzine würden aus mehreren hundert Komponenten bestehen, die in einem aufwändigen Prozess von spezifisch ausgebildetem Fachpersonal an unterschiedlichen Standorten hergestellt werden. Dafür ist die Kooperation eines weltweiten Netzes von Unternehmen nötig, die sich auf spezifische Pharmaprodukte spezialisiert haben. „Es ist ein Irrglaube, dass moderne Impfstoffe in einem Labor nach einer einfachen Blaupause nachgebaut werden können und so rasch die Produktion vervielfacht werden kann“, sagt Ilse Bartenstein, Obfrau des FCIO-Pharmaausschusses. Insbesondere bei den komplexen mRNA-Vakzinen sei es äußerst unwahrscheinlich, dass diese in Ländern ohne entsprechende Infrastruktur produziert werden können. „Die Ausweitung der Kapazitäten bei behördlich geprüften Produzenten, die ihre Impfstoffe in aufwändigen Prozessen zur Zulassung gebracht haben und bringen, sowie ihren Zulieferern, ist der sicherste Weg, qualitativ einwandfreie Vakzine für die ganze Welt herzustellen“, betont Sylvia Hofinger, Geschäftsführerin des FCIO. Die politisch Verantwortlichen sollten sich auf die Ursachen ungleicher Verteilung fokussieren, rät sie. Vor allem die Reduktion von Handelshemmnissen könnte das Problem der bisherigen Konzentration von Impfstoffen in einigen Ländern mildern. (red)