Der Dachverband der Sozialversicherungen hat am Donnerstag das neue Preisband für Arzneimittel veröffentlicht, das im Oktober in Kraft tritt. Die Industrie ist allarmiert.
Pharmavertreter:innen fürchten eine Gefahr für die Medikamentenversorgung durch eine Reduktion der Preisspanne. Durch das Preisband darf der Höchstpreis eines erstatteten Arzneimittels maximal 20 Prozent über dem des günstigsten wirkstoffgleichen Medikaments liegen. Kritik daran kommt vom Österreichischen Generikaverband, der Fachverband der Chemischen Industrie Österreichs (FCIO) und der Biosimilarsverband Österreich (BiVÖ) in Gefahr. „Die vorgeschriebenen Preissenkungen werden die Arzneimittelversorgung zahlreicher Patient:innen weiter gefährden. Gerade nach den Erfahrungen mit den Knappheiten der vergangenen Monate kann diese Vorgangsweise nicht zu Ende gedacht sein“, betonte etwa Sylvia Hofinger, Geschäftsführerin des FCIO.
Die verordneten Preisreduktionen betreffen laut FCIO rund 1.500 Medikamente. Darunter würden auch viele Antibiotika fallen, bei denen es in der Hauptinfektionszeit zu teilweise dramatischen Engpässen gekommen ist. Um diese zu vermeiden, solle die Pharmawirtschaft einerseits genau diese kritischen Arzneimittel künftig verpflichtend bevorraten, was zu erheblichen Kostensteigerungen führen wird. Andererseits müssten die Unternehmen die Preise für dieselben Produkte deutlich senken. „Es ist daher damit zu rechnen, dass Anbieter aus dem Markt ausscheiden müssen, da die neuen Preise wirtschaftlich nicht mehr vertretbar sind“, so der FCIO am Freitag in einer Aussendung.
Ähnlich argumentiert der Österreichische Generikaverband: Rund 600 Medikamente seien derzeit nicht oder nur eingeschränkt lieferbar, darunter Schmerzmittel, Antibiotika, Medikamente für das Herz-Kreislaufsystem. „In Österreich hat das restriktive Preissystem für Medikamente längst seine Untergrenze erreicht. Werden die Preise jetzt noch weiter gedrückt, laufen weitere Medikamente wie Antipsychotika oder Antidepressiva Gefahr, vom Dachverband aus der Versorgung gestrichen zu werden. Wir werden auch im kommenden Winter wieder in eine Engpasssituation geraten“, warnte Wolfgang Andiel, Präsident des Generikaverbandes. Betroffen seien auch Medikamente, die im vergangenen Winter Lieferausfälle hatten. „Es ist absolut nicht nachvollziehbar, dass man beispielsweise bei Antibiotika, bei denen es immer noch Einschränkungen in der Versorgung gibt, den Preisdruck jetzt noch weiter erhöht“, kritisierte Andiel. Mehr als 90 Prozent der abgegebenen Medikamentenpackungen stammen laut Verband aus dem patentfreien Segment, davon seien 57 Prozent Generika.
Der Generikaverband kritisierte auch, dass gemäß dem neuen Preisband der Höchstpreis zukünftig anhand der am häufigsten verschriebenen Dosierung, der sogenannten Schlüsselstärke (z. B. 25 mg), festgelegt werden soll. Höhere Wirkstoffstärken dürfen keinen höheren Preis haben. In zahlreichen Fällen könne dieses Einheitspreis-Modell dazu führen, dass die Preise für höhere Dosisstärken nicht mehr kostendeckend sind, befürchtet der Verband. Die Konsequenz für Patient:innen wäre, dass sie mehr Tabletten einnehmen und vor allem mehrmals Rezeptgebühren zahlen müssten. „Ein weiteres Problem besteht darin, dass die festgestellten Schlüsselstärken im neuen Preisband teilweise nur wenig mit den tatsächlichen Dosierungen in den zugelassenen Anwendungsgebieten zu tun haben. Das Preisband ist in dieser Form aus unserer Sicht nicht sinnvoll anwendbar“, sagte Andiel. (red)