Krisenstimmung in Orth a.d. Donau: Weil ein Pharmakonzern seine Aktivitäten in einem Bereich der Gentherapie einstellen will, werden 190 Beschäftigte abgebaut.
Der japanische Pharmakonzern Takeda verkauft einen Großteil seines Werks in Orth a.d. Donau (Bezirk Gänserndorf). Rund 190 der 330 Mitarbeiter:innen am Standort seien von der Entscheidung betroffen, berichtet die „Kronen-Zeitung“. Der Schritt sehe im Zusammenhang mit der globalen Entscheidung von Takeda, seine Forschungs- und präklinischen Aktivitäten im Bereich der Gentherapie mit Adeno-assoziierten Viren (AAV), einer Kernkompetenz des Standortes in Orth, einzustellen, wurde in einer schriftlichen Stellungnahme mitgeteilt. Während des Verkaufsprozesses würden die Entwicklungs- und Produktionsaktivitäten am Standort heruntergefahren.
Der Verkauf betreffe die Infrastruktur der Kernkompetenz des Standortes in Orth – das seien die Bereiche Entwicklung und Produktion, berichtet die „Krone“. „Noch während des Verkaufsprozesses werden wir diese Aktivitäten nun herunterfahren“, bestätigt eine Takeda-Sprecherin gegenüber der „Krone“ und betont, dass man die betroffenen Mitarbeiter:innen „auf vielfältige Weise unterstützen und gemäß geltender gesetzlichen Anforderungen agieren“ werde. Ganz zieht man sich aber nicht zurück: „Das Qualitätskontrolllabor ist davon nicht betroffen“, so die Sprecherin, hier gibt es keine Veränderungen. Die Mitarbeiter:innen sind am diese Woche vom Verkauf informiert worden. Der geplante Verkauf sei bereits im April 2023 intern kommuniziert worden. Die geplanten Änderungen in Orth haben nach Unternehmensangaben keine Auswirkungen auf die anderen österreichischen Standorte in Wien und Linz. Der Konzern hat österreichweit über 4.500 Beschäftigte.
Harald Mayer, Vizepräsident der Österreichischen Ärztekammer und Bundeskurienobmann der angestellten Ärzte, zeigt sich erschüttert: „Dass wir es in Österreich, einem der reichsten Länder der Welt, einfach nicht schaffen, eine starke und unabhängige Medikamentenproduktion aufzubauen und auch zu stützen, ist unverständlich. Hier fehlt eine europäische Strategie!“ Patient:innen und Ärzt:innen würden unter den aktuellen Lieferengpässen bei aktuell fast 600 Arzneimitteln leiden, „aber die Politik – insbesondere Gesundheitsminister Rauch – sieht dabei zu, wie Standorte verloren gehen, Menschen ihren Job verlieren und die Gesundheitsversorgung gefährdet ist.“ Mayer: „Die Verantwortung für die Medikamentenversorgung liegt eindeutig bei Minister Rauch. Er muss endlich handeln! Dazu gehört auch die Bereitschaft zu Investitionen in die europäische Produktion von versorgungsrelevanten Arzneimitteln. Europa muss bei der Medikamentenversorgung endlich autonom und unabhängig von anderen Märkten werden – insbesondere vom asiatischen Markt. Hiobsbotschaften wie jene aus Orth dürfen einfach nicht vorkommen“, fordert der BKAÄ-Obmann. (rüm)