Der viel diskutierte Aufbau eine Impfstoffproduktion käme für die aktuelle Pandemie zu spät, sagt Philipp von Lattorff, Präsident des Verbands der pharmazeutischen Industrie Österreichs (Pharmig).
Selbst wo es schon eine passende Infrastruktur gibt, würde es zwei Jahre dauern, bis ein Impfstoff hergestellt werden kann. Ein Werk auf der grünen Wiese würde wohl eher fünf bis sechs Jahre brauchen. Von Lattorff erinnert daran, dass beispielsweise der Impfstoff von Pfizer letztlich 290 Komponenten braucht, bis er beim Patienten verimpft wird. „Man kann sowieso nicht alles in Österreich herstellen“, sagt von Lattorff, Generaldirektor von Boehringer Ingelheim RCV. „Wenn, ist es eine europäische Sache“ einen Impfstoff zu erzeugen. Man sollte aber jedenfalls schauen, möglichst viel in Europa herzustellen. Um schnell zu einem Ergebnis zu kommen, sollte man vorrangig die Werke ausbauen, wo bereits Impfstoff hergestellt wird.
Wenn Österreich auf dem Sektor mitspielen will, würde von Lattorff empfehlen, die Forschung in diese Richtung auszubauen. „Das wäre meiner Meinung nach das attraktivste und realistischste was wir machen können.“ Das wäre aber dann schon eine Vorbereitung für künftige Pandemien und keine kurzfristige Lösung. Wobei Österreich schon jetzt sehr effizient und großzügig Forschung fördere, wie von Lattorff unterstreicht. Das ermögliche ihm, immer wieder große Forschungsprojekte innerhalb des Boehringer-Ingelheim-Konzerns nach Wien zu lotsen.
Für erfolgreiche Forschung sei es entscheidend, die besten Köpfe nach Wien zu lotsen. Da gehe es weniger um die Gage für die Forscher als um die Rahmenbedingungen für ihre Arbeit. So habe Boehringer Ingelheim die später preisgekrönte Forscherin Elly Tanaka nur deshalb an das IMP in Wien holen können, weil ihr Wunsch nach einem Aquarium für 2000 Axolotl (mexikanische Lurche) mit jeweils getrennten Zellen für jedes Exemplar – und noch ein paar andere Bedingungen – erfüllt wurde, erzählt von Lattorff. In der Regel sei Wien mehr für die „Rising Stars“ interessant, die wirklich großen Namen würden sich schwer nach Wien locken lassen. Auch die französische Forscherin Emmanuelle Charpentier, die später für die Erfindung der Gen-Schere den Nobelpreis erhalten sollte, war als „Rising Star“ in Wien bei den Max F. Perutz Laboratories (MFPL) beschäftigt. Heute würde sie wohl nicht mehr nach Wien kommen, so von Lattorff. (red/APA)