Lavendel ist von der Herbal Medicinal Products Platform Austria (HMPPA) zur Arzneipflanze des Jahres 2020 gekürt worden. Die HMPPA besteht aus Experten der pharmazeutischen Institute der Universitäten Graz, Innsbruck und Wien.
Der Fokus der heurigen Arzneipflanze liegt auf dem echten Lavendel, der wegen seiner angstlösenden Eigenschaften geschätzt wird, und dem Speik-Lavendel, der nachweislich bei Schnupfen Linderung verschaffen kann, wurde bei der Präsentation am Donnerstag erklärt. „Der zur Pflanzenfamilie der Lippenblütler gehörende Lavendel ist als Zier- und Aromapflanze sehr bekannt“, sagte Chlodwig Franz, Vizepräsident der HMPPA. Während dieser sogenannte Hybridlavendel jedoch vorwiegend als Massenware für die Kosmetikindustrie diene, interessiere aus medizinischer Perspektive der echte und der Speik-Lavendel. Bereits seit der Antike lindert Lavendel das Leid der Menschen. „Bei den Griechen wurde er gegen Kopfschmerz und Melancholie eingesetzt. Bei den Römern war er ein Badezusatz und Stimmungsaufheller“, erklärte Brigitte Kopp, Vizepräsidentin der HMPPA.
Aus wissenschaftlicher Perspektive sei die Anwendung in der Antike durchaus gerechtfertigt. So habe sich ein aktuelles orales Lavendelölpräparat in mehreren Studien als nachweislich angstlösend erwiesen. In Westeuropa stellen Angststörungen die am weitesten verbreiteten psychiatrischen Erkrankungen dar. Neben der angstlösenden Wirkung weisen diverse Studienergebnisse darauf hin, dass zudem Unruhezustände, Depressionen, Schlafstörungen und somatische Beschwerden gelindert werden, sagte Siegfried Kasper vom Zentrum für Hirnforschung der Universität Wien.
Speik-Lavendel kommt dagegen im Kampf gegen Schnupfen zum Einsatz, wie Daniel Dejaco von der Klinik für Hals-, Nasen- und Ohrenheilkunde an der Medizinischen Universität Innsbruck sagte. Während herkömmliche Behandlungsmethoden wie Nasenduschen gewöhnungsbedürftig seien und Grippemittel Nebenwirkungen aufweisen und zudem als Dopingmittel gelistet wären, würden aus Speik-Lavendel hergestellte Arzneien ebenfalls wirken, aber weniger unerwünschte Begleiterscheinungen mitbringen.
Im Vorjahr wurde das Edelweiß zur Arzneipflanze des Jahres gekürt. Vor zwei Jahren ging der Titel an Cannabis. Als Kriterien für die Auswahl fungieren für die HMPPA etwa, dass die Pflanze einen Bezug zu Österreich aufweist, von erhöhtem wissenschaftlichem Interesse ist und eine wirtschaftliche Rolle spielt. (red/APA)