Seit Ausbruch der Pandemie hat sich in der Entwicklung von Impfstoffen viel getan. Beinahe 200 Kandidaten sind in der Erprobung, berichteten Experten am Dienstag. Es gebe in Österreich auch bereits konkrete Planungen für eine spätere Impfaktion.
Hinter dem Kampf gegen die Pandemie steckt ein Kraftakt von allen Seiten, auch mehrere österreichische Unternehmen sind in Forschung an vorderster Front beteiligt, berichteten Experten in Wien am Dienstag. 42 Impfstoffe werden bereits in klinischen Studien geprüft, zehn davon schon in der dritten und damit letzten Phase. Für zwei Impfstoffkandidaten hat der „Rolling Review“ der europäischen Zulassungsbehörden begonnen, erläuterte der internationale Impfstoffexperte Otfried Kistner. Die EU habe im Rahmen einer koordinierten Impfstoffbeschaffung gewährleistet, dass für alle Mitgliedsstaaten ausreichend Impfstoff zur Verfügung stehen wird, vorausgesetzt, es werden entsprechende Marktzulassungen erteilt. Für Österreich wird bereits an Szenarien gearbeitet, wie die Impfungen durchgeführt werden können.
Klar sei aber, dass es bei den COVID-19-Impfstoffen in Qualität, Art und Umfang der behördlichen Begutachtung keine Abstriche und Unterschiede zum „herkömmlichen“ Zulassungsprozess geben wird, betonte Christa Wirthumer-Hoche, Leiterin der AGES Medizinmarktaufsicht. Gleich mehrere österreichische Unternehmen haben sich der Arbeit gegen das Virus verschrieben. So forscht Themis Bioscience an einem eigenen Impfstoff. „Wir verwenden den – auch als Kinderimpfstoff bekannten – Masernvirusimpfstoff als Trägermedium (Vektor)“, berichtet CEO Erich Tauber. Erfunden wurde diese Technologie vom französischen Institut Pasteur, das diese an Themis auslizensiert hat und nach wie vor Forschungskooperationen mit Themis unterhält. Derzeit arbeitet Themis gemeinsam mit dem amerikanischen Konzern MSD, dem Themis seit kurzem angehört, an der Vorbereitung von Phase-III-Studien.
Die Firma Valneva, in der vor einigen Jahren die österreichische Firma Intercell aufgegangen ist, arbeitet an einem inaktivierten Ganzvirusimpfstoff, der Ende des Jahres 2020 in die Phase I gehen soll. „Am Wiener Standort werden vor allem die klinische Entwicklung des Impfstoffkandidaten geplant und gesteuert, sowie wichtige Prozesse des Qualitätsmanagements durchgeführt“, erläuterte CEO Thomas Lingelbach. Das österreichische Unternehmen Polymun ist wichtig, wenn es um die Produktion von RNA-Impfstoffen geht. Es ist nämlich eines von wenigen Unternehmen weltweit, die auf die Herstellung von sogenannten Lipid-Nanopartikeln spezialisiert sind. Diese werden auch für die Herstellung von mRNA-Impfstoffen gegen COVID-19 gebraucht, erzählte Andreas Wagner, der für diese Technologie bei Polymun verantwortlich ist. Die Kandidaten-Impfstoffproduktion wird derzeit für mehrere Auftraggeber durchgeführt.
Sobald einer oder mehrere Impfstoffe die europäische Zulassung erhalten und zur Verfügung stehen, werden diese in der EU verteilt. Um zu gewährleisten, dass ausreichend viele Impfstoffe vorhanden sein werden, haben sich die Mitgliedsländer der EU gemeinsam mit der Europäischen Kommission verpflichtet, im Rahmen des gemeinsamen Beschaffungsprozesses nicht jeweils getrennt, sondern gemeinsam als 27 Länder mit den Herstellern zur Reservierung von Liefermengen abzuschließen, erklärte Clemens Martin Auer, Sonderbeauftragter für Gesundheit. Das Ministerium arbeite derzeit gemeinsam mit vielen an der Distribution beteiligten Institutionen an möglichen Impfstrategien beziehungsweise Verteilungskonzepten. Wer zu welchem Zeitpunkt geimpft werden kann, hänge von vielen Parametern ab. „Ein großer Vorteil bei den Entwicklungen von SARS-CoV-2-Impfstoffen ist, dass die Unternehmen bei der Impfstoffentwicklung an unterschiedlichen Technologien forschen. So haben wir die Chance, am Ende vielleicht mehrere unterschiedliche Impfstoffe im Kampf gegen das Virus zu haben“, sagte Renée Gallo-Daniel, Präsidentin des Österreichischen Verbandes der Impfstoffhersteller (ÖVIH). (red)