Experten riefen am Dienstag zur verstärkten Pneumokokken-Impfung auf. Das helfe nicht nur durch Bakterien verursachte Lungenentzündungen zu verhindern, sondern auch Intensivkapazitäten frei zu halten.
In der Hochphase der COVID-19-Pandemie war es schwierig, sich impfen zu lassen. Jetzt ist es dafür umso wichtiger. Darüber sind sich Vertreter der öffentlichen Hand, der Ärzte und der Apotheker einig. Das gilt speziell für Impfungen, die Infektionen der Atemwege und ihre Folgeerscheinungen verhindern. Das reduziert zum einen schwere Fälle, die Intensivkapazitäten belasten und senkt die Verwechslungsgefahr mit COVID-19-Symptomen. Denn zu den jährlich wiederkehrenden Infektionserkrankungen gehört unter anderem die bakterielle Pneumokokken-Lungenentzündung. Sie kann gerade bei älteren Personen und jenen mit chronischen Erkrankungen zu einem Spitalsaufenthalt, im schlimmsten Fall sogar zu einer Behandlung auf der Intensivstation und zum Tod führen. Gerade wegen der niedrigen Durchimpfungsrate der vergangenen Jahre sollten Risikogruppen dies heuer verstärkt tun, raten die Experten.
„2019 wurden in Österreich 615 invasive Pneumokokken-Erkrankungen gemeldet, also etwa gleich viele wie im bisherigen Rekordjahr 2018“, berichtete Maria Paulke-Korinek, Leiterin der Abteilung Impfwesen im Gesundheitsministerium. „Die meisten Fälle wurden bei Personen über 80 Jahren beobachtet, gefolgt von den 75-79-Jährigen“, so die Impfexpertin. „Diese invasiven Erkrankungen sind aber nur ein verschwindend kleiner Bruchteil der tatsächlichen Pneumokokken-Infektionen“, erläutert Michael Meilinger vom Arbeitskreis Infektiologie und Tuberkulose der Österreichischen Gesellschaft für Pneumologie (ÖGP) und ergänzt: „Bei Erwachsenen zeigen sie sich meist in Form von Lungenentzündungen. Diese können zwar in den meisten Fällen vom Hausarzt oder von der Hausärztin mit einem Antibiotikum behandelt werden, dennoch handelt es sich dabei nicht um eine harmlose Erkrankung.“ Eine Pneumonie könne auch einen schweren Verlauf mit respiratorischer Insuffizienz, Blutvergiftung oder Multiorganbeteiligung nehmen und entzündlichen Stress in den Blutgefäßen erzeugen, der längerfristig zu einem erhöhten Risiko für Mikroinfarkte in Organen, Schlaganfälle oder Herzinfarkte führen würde.
Die Durchimpfungsrate ist in Österreich aber niedrig. Lediglich 15 Prozent der 19- bis 69-jährigen Bevölkerung hat zuletzt eine Impfung erhalten. Im Herbst wird der Organismus mit einer Vielzahl von Krankheitserregern konfrontiert, wodurch die Gefahr für Atemwegserkrankungen steigt. „Es wäre fatal, wenn das Gesundheitssystem während der COVID-19-Pandemie durch vermeidbare Erkrankungen wie Pneumokokken zusätzlich belastet wird“, meinte Rudolf Schmitzberger, Leiter des Impfreferats der Österreichischen Ärztekammer. Eine Impfung deckt jedoch nicht alle Variationen der Pneumokokken-Bakterien ab und kann somit nicht vor jeder Lungenentzündung schützen. „Aber es ist der bestmögliche Schutz, deshalb sollten wir davon Gebrauch machen“, meinte Michael Meilinger von der Österreichischen Gesellschaft für Pneumologie (ÖGP). „Die Pneumokokken-Imfpung ist derzeit in Aktion“, verwies Gerhard Kobinger aus dem Präsidium der Österreichischen Apothekerkammer auf den derzeit besonders günstigen Zeitpunkt, sich impfen zu lassen. Bis 31. März ist sie in Apotheken für 76 Euro anstatt der üblichen 108 Euro zu haben. Von einzelnen Krankenkassen werden ganzjährig Zuschüsse gewährt. (red)