Ein experimenteller Coronavirus-Impfstoff der US-Biotech-Firma Moderna zeigt einer Studie zufolge nach ersten Tests ermutigende Ergebnisse und soll nun in Phase-III-Studien gehen. Dort ist der Kandidat von AstraZeneca bereits.
Wie weit ist die Suche nach einem Corona-Impfstoff wirklich? Am Donnerstag gab es jedenfalls erneut positive Meldungen. Diesmal aus den USA: In der ersten Phase der klinischen Tests hätten die Probanden Antikörper gegen den Erreger Sars-CoV-2 entwickelt, erklärte das an der Studie beteiligte Nationale Institut für Allergien und Infektionskrankheiten (NIAID) zum Impfstoff von Moderna. Bei den 45 Teilnehmern im Alter von 18 bis 55 Jahren habe es keine ernsthaften Nebenwirkungen gegeben, hieß es weiter. Die Probanden, die innerhalb von zwei Monaten zwei Injektionen des Impfstoffs bekamen, entwickelten mehr neutralisierende Antikörper als Personen, bei denen eine Coronavirus-Infektion diagnostiziert worden war. Die beteiligten Forscher stellten die Ergebnisse auch in einer Studie im „New England Journal of Medicine“ vor.
Der Hersteller Moderna sprach in einer Mitteilung von einer „robusten Immunreaktion“, die nun den Weg für wesentlich größere Studien zu Wirksamkeit ebne. Der Impfstoff mRNA-1273 soll bereits ab Ende Juli an rund 30.000 Probanden getestet werden – in einer sogenannten Studie der Phase III. Wegen des kurzen Studienzeitraums ist aber noch nicht klar, ob und wie lange die Antikörper die Probanden tatsächlich vor einer Infektion mit dem Coronavirus schützen können. Das Blut der Teilnehmer solle daher noch ein Jahr lang regelmäßig auf den Anteil von Antikörpern geprüft werden, hieß es in der Studie.
Weltweit gibt es zahlreiche Impfstoff-Kandidaten in verschiedenen Stadien. Die erprobten Wirkstoffe haben unterschiedliche Funktionsweisen. Auch das deutsche Biopharma-Unternehmen Biontech und der US-Konzern Pfizer arbeiten an einem mRNA-Impfstoff. Sie erklärten Anfang Juli, dass Probanden bei Tests der Phase 1 in den USA nach einer Injektion des experimentellen Impfstoffs BNT 162b1 wirksame Antikörper entwickelt hätten. Auch hier sollen nun größere Tests folgen. Wissenschafter der Universität Oxford kooperieren mit dem Pharmakonzern AstraZeneca. Sie wollen ihre Ergebnisse zum Vakzin „ChAdOx1 nCoV-19“ am Montag in der Medizin-Zeitschrift „The Lancet“ veröffentlichen. Ob das Mittel tatsächlich vor einer Infektion schützt, wird momentan in einer Phase III-Studie an mehreren Tausend Freiwilligen in Brasilien getestet. Britische Medien berichteten, dass der Impfstoff doppelten Schutz bieten könnte. Er regt demnach sowohl die Bildung von spezifischen Antikörpern als auch von T-Zellen an – beide sind für die Immunabwehr wichtig. Zuletzt hatten Studien gezeigt, dass die Anzahl von sogenannten neutralisierenden Antikörpern im Blut nach einer Infektion offenbar relativ schnell absinkt. Was das für eine mögliche Impfung bedeutet, ist zwar unklar, Experten hatten aber in diesem Kontext auf die Bedeutung von T-Zellen für die Langzeitimmunität hingewiesen.
Aktuell werden laut Weltgesundheitsorganisation mehr als 20 Vakzine in klinischen Studien an Menschen getestet. Die chinesische Firma Sinovac steht laut Agenturberichten ebenfalls kurz vor einer Phase-III-Studie. Die WHO listet mögliche Kandidaten auf ihrer Website auf, wo auch der jeweilige Fortschritt aktuell abrufbar ist. Der Weg ist aber noch weit. Eine im April dieses Jahres publizierte Studie zeigte auf, dass klinische Phase-II-Studien systematisch oft die Wirkung von Therapeutika überschätzen und es dadurch zu enttäuschenden Ergebnissen der darauffolgenden Phase-III-Studien kommen kann. Eine Folge des Zeitdrucks auf den Zulassungsprozess für neue Medikamente, so der Schluss von Experten der Meduni Wien an der Klinischen Abteilung für Rheumatologie (AKH) in einer in „Nature Medicine“ publizierten Literaturstudie. Diese erfolgte auf Basis einer systematischen Analyse von Studien auf dem Gebiet der rheumatoiden Arthritis und Psoriasis-Arthritis. (APA/red)