Waltraud Stromer, Präsidentin der Österreichischen Schmerzgesellschaft (ÖSG) und Fachärztin für Anästhesiologie und Intensivmedizin, spricht über die Herausforderungen der Schmerzmedizin.
Frau Stromer, warum braucht es eine eigene Schmerzgesellschaft? Weil es wichtig ist, auf die Herausforderungen und Anliegen der Schmerzmedizin aufmerksam zu machen. Die Situation in Österreich ist definitiv verbesserungswürdig. Es gibt in ganz Österreich nur ein Schmerzzentrum, jenes von Professor Rudolf Likar in Klagenfurt. Sprich es gibt zu wenige ambulante Anlaufstellen. Hinzu kommt, dass nur 1.420 Ärzt:innen das Diplom Spezielle Schmerztherapie der Österreichischen Ärztekammer haben. All das führt dazu, dass die Patient:innen lange auf eine Diagnose und noch länger auf eine Behandlung warten müssen. Auf Termine sowieso. Weil all das so lange dauert, kommt es zu einer Chronifizierung der Schmerzen, weshalb wir derzeit rund 1,8 Millionen chronische Schmerzpatient:innen haben.
Was kann man tun, um die schmerzmedizinische Versorgung zu verbessern? Einerseits braucht es eine passende Honorierung. Der Leistungskatalog ist nicht mehr adäquat. Im niedergelassenen Bereich werden nur Infusion und Infiltration honoriert, aber für Gesprächsführung, Koordination, Untersuchung und so weiter bekommt man nichts. Kein Wunder, dass die Ambulanzen zusperren. Andererseits braucht es in der Schmerzmedizin eine vertiefte Ausbildung. Das Diplom Spezielle Schmerztherapie wird genauso von Allgemeinmediziner:innen gemacht. Wenn ich als Patientin dann aber in ein Zentrum weitergeleitet werde, erwarte ich mir dort eine bessere qualifizierte Fachkraft. In anderen Ländern gibt es das Zusatzfach Schmerzmedizin, das wäre auch bei uns super, aber zumindest ein vertieftes Diplom sollte es geben. Leider stellen sich hier gewisse Institutionen und Persönlichkeiten quer. Grundsätzlich gehört eine integrative Schmerzversorgung in den Strukturplan Gesundheit. Das wäre ein wichtiger erster Schritt.
Welche Projekte plant die ÖSG derzeit? Uns ist es wichtig, auch die junge Generation an Ärzt:innen ins Boot zu holen. Deswegen veranstalten wir am 4. März in Linz eine Fortbildungsveranstaltung unter dem Namen „Zukunft der Schmerzmedizin: Rising Stars – The Next Generation“. Wir möchten die nächste Generation einladen, um sie für das Thema und zur Mitarbeit in der Schmerzgesellschaft zu motivieren. Es ist ja auch ein spannender, breit gefächerter Bereich der Medizin. Zusätzlich dazu arbeiten wir gerade an der Kampagne „Move for your“. Hier möchte die ÖSG Präventionsprogramme und -tipps online anbieten, damit es gar nicht erst zu Schmerzen kommt. (Das Interview führte Katrin Grabner)