Katharina Bisset ist Rechtsanwältin und Mitbegründerin der Netzbeweis GmbH. Im RELATUS-Sommergespräch gibt sie Tipps, wie sich Ärzt:innen gegen Drohungen im Netz schützen können.
Nach dem tragischen Tod einer Ärztin in Oberösterreich nach monatelangen Drohungen aus dem Netz rückte das Thema wieder in den Fokus. Sie haben mit www.netzbeweis.com eine Plattform gegründet, die Opfer rechtlich und mit Tipps hilft – unter anderem in der Beweissicherung. Was raten Sie Menschen in Gesundheitsberufen oder Gesundheitseinrichtungen, die im Netz beschimpft und bedroht werden? Im Strafrecht ist wichtig, dass es das Delikt des Hasspostings nicht gibt, sondern dies eben über andere Delikte „abgefedert“ wird, vor allem über gefährliche Drohung oder Nötigung. Die sind insofern interessant, da ja Beleidigung und Üble Nachrede als Privatanklagedelikte oftmals nur schwer durchzusetzen sind und man da dann eher mittels § 1333 ABGB (Schadensersatz, Anm.) vorgehen sollte.
Und was kann ich tun, wenn ich bedroht werde? Wichtig ist natürlich – auch im Strafrecht – die Sicherung von Beweisen. Bei E-Mails würde ich sogar so weit gehen, dass man diese zumindest als PDF erstellt. Teilweise ist die Polizei – wie man gesehen hat –mit derartigen Anzeigen überfordert und teilt dann auch gerne einmal mit, dass man „für das Internet“ nicht zuständig sei, was nach der Strafprozessordnung falsch ist. Ich rate daher immer, nicht bei der Polizei anzuzeigen, sondern direkt und am besten über einen Rechtsanwalt oder eine Anwältin eine Sachverhaltsdarstellung zu machen. Das hat den Vorteil, dass man auch gleich die Beweise aufbereitet mitsenden kann und die Sache nicht von der Polizei rechtlich subsumiert wird. Man kann dann gleich sehr gut argumentieren, warum die jeweilige Staatsanwaltschaft zuständig ist und warum das angezeigte Verhalten strafrechtlich relevant ist.
Warum ist es nicht gut, die Sachen einfach zu löschen oder auf sich beruhen zu lassen? Man sollte die Dinge nicht „einfach ignorieren“ und sich auch nicht dazu raten lassen, sondern auch gleich professionelle Hilfe etwa durch eine Beratungseinrichtung holen oder Psycholog:innen aufsuchen, um einem emotionalen Trauma vorbeugen zu können. Überdies hat es den guten Effekt, dass man als Opfer auch gleich Bestätigungen für mögliche Schadenersatzansprüche hat. Zudem sollte man Interessenvertretungen benachrichtigen, damit unter Umständen weitere Schritte gesetzt werden können oder zumindest dann nachgewiesen werden kann, dass man sich selbst entsprechend bemüht hat, die jeweiligen Stellen zu informieren.
Welche Möglichkeiten gibt es noch, um sich Hilfe zu holen? Es gibt in Österreich für Opfer von Strafsachen die Möglichkeit der juristischen und psycho-sozialen Prozessbegleitung, diese sollte jedenfalls kontaktiert und – falls möglich – in Anspruch genommen werden. Vor allem ist es sinnvoll, Begleiter:innen zu Terminen etwa Zivilverteidiger:innen bei der Polizei mitzunehmen, da die Erfahrung gezeigt hat, dass teilweise versucht wurde, auf Opfer dahingehend einzuwirken, dass dann im Endeffekt keine Anzeige erfolgt.
Wie ist eigentlich Ihre Plattform entstanden und was ist das Ziel? Die Idee zu www.netzbeweis.com – einem Web-Formular zur einfachen Beweissicherung – entstand im Juni 2020. Damals besuchte ich den Legaltech Hackathon, der in einer Kooperation des Instituts für Innovation und Digitalisierung im Recht der Universität Wien mit der FH Campus Wien veranstaltet wurde. Da ich oft unter schlechten Screenshots und mühsamen Beweissicherungen leiden musste, entstand im Rahmen des Hackathons nach einigen Online-Meetings die Idee, dass die Beweissicherung bei Hass im Netz einfacher sein könnte. Der entstandene Prototyp wurde zum Siegerprojekt gekürt. Wir als Netzbeweis-Team sind sehr stolz darauf, was aus dieser damaligen Idee bis jetzt entstanden ist und freuen uns, die Beweissicherung von Online-Inhalten zu verbessern und einen Beitrag zur Bekämpfung von Hass im Netz leisten zu können. (Das Interview führte Martin Rümmele)