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Die Pharmaverbände FOPI und PHARMIG orten, dass Arzneimittel spät in die Kassenerstattung kommen. Sie wollen mit einer neuen Analyse Reformen anstoßen.
Eine weit verbreitete und oft kolportierte Meinung lautet: Patient:innen erhalten in Österreich rasch innovative Medikamente. Eine aktuelle tiefgehende Analyse im Auftrag der heimischen Pharmaverbände FOPI und PHARMIG zeichnet aber offenbar ein differenziertes Bild: Patient:innen müssten im niedergelassenen Bereich teils Einschränkungen gegenüber der zugelassenen Indikation hinnehmen, auf neue Therapien mitunter monate- oder gar jahrelang warten und haben in einigen Bereichen keine Sicherheit, ihre Arzneimittel auch in Zukunft zu erhalten, hieß es bei einer Pressekonferenz.
Analysiert wurden im Report „Time to Patients“ nun vom Consulting-Unternehmen Krammer, Wrbka & Partner Consulting – zurückreichend bis ins Jahr 2015 – die grundsätzliche Verfügbarkeit neu zugelassener Wirkstoffe im niedergelassenen Bereich, die Erstattung durch die Krankenkasse, die Dauer von der Antragstellung bis zum Zugang für Patient:innen und die Einschränkungen bei der ärztlichen Verschreibung. „Bei genauerem Hinsehen zeigt sich, dass die Situation für die Betroffenen im niedergelassenen Bereich nicht immer rosig ist“, sagt Leif Moll, Vizepräsident des Forums der forschenden pharmazeutischen Industrie in Österreich (FOPI). „Von 375 im Zeitraum 2015 bis 2023 zugelassenen Innovationen sind 59 – also fast 16 % – in Österreich nicht erhältlich oder es ist ihre Verfügbarkeit unbekannt“, erläutert KWPC-Geschäftsführerin Barbara Möller.
„Neben der Verfügbarkeit sehen wir weiters bei der Erstattung Defizite“, betont Möller. Von den zwischen 2015 und 2023 zugelassenen Innovationen wären gut 50 % geeignet, im niedergelassenen Bereich eingesetzt und durch die Kassen erstattet zu werden. Die andere Hälfte der neuen Arzneimittel ist für den Einsatz im Krankenhaus vorgesehen. Doch nur 60 % davon beziehungsweise 188 Medikamente sind auch im EKO gelistet. Und nur eines kann völlig frei, ohne Einschränkungen verschrieben werden. „Zudem müssen die verschreibenden Ärzti:innen für ihre Patient:innen meist eine Genehmigung durch den chef- und kontrollärztlichen Dienst einholen.“ Und es gebe teils starke Einschränkungen der Verwendung: Patient:innen müssen etwa bestimmte Kriterien erfüllen („nur für schwere Fälle“). Zudem würden Medikamente oft nur als Zweit- oder Drittlinientherapie genehmigt. Oder es kann die Ersteinstellung nur in einem spezialisierten Zentrum – und somit vielleicht nicht wohnortnah – erfolgen.
Über die Jahre zeige der Trend übrigens immer weniger Produkte, die im EKO verzeichnet sind. Für die Betroffenen problematisch seien nicht zuletzt die Auswirkungen von befristeten Aufnahmen in den EKO. „Derzeit haben 11 % der neuen Arzneispezialitäten für 2015-2023 nur eine befristete Aufnahme erlangt. Bei Auslaufen der Befristung kann die Therapie für Patient:innen nicht mehr regulär verfügbar sein und muss auf eine Alternative umgestellt werden. Neun Arzneimittel wurden sogar wieder aus dem EKO gestrichen“, weiß Möller. „Bei rund einem Zehntel der neuen Arzneimittel haben die Patient:innen nicht die Sicherheit, ihre Therapien auch in Zukunft zu erhalten.“
Insgesamt liege Österreich damit zwar noch im Spitzenfeld Europas, wie es für eine reiche Volkswirtschaft mit einem hoch entwickelten Gesundheitssystem auch zu erwarten sei, sagt Studienauftraggeber Leif Moll, ABER: „Österreich ist in puncto Zugang zu innovativen Therapien alles andere als eine Insel der Seligen.“ Man wolle deshalb Lösungsvorschläge einbringen und einen Dialog dazu einzufordern. „Auf den Punkt gebracht“, so Moll, „möchten wir erreichen, dass die gesetzlichen Rahmenbedingungen des Krankenanstalten- und Kuranstaltengesetzes (KAKuG) sowie des ASVG (Erstattungskodex) unter Einbeziehung aller Systempartner:innen überarbeitet werden. Denn nur so können wir einen raschen und österreichweit einheitlichen Patient:innenzugang zu innovativen Therapien unter voller Gewährleistung der ärztlichen Therapiehoheit sicherstellen.“
Peter Fasching, Präsident der Österreichischen Diabetes-Gesellschaft, forderte zudem bei der Vorstellung, dass Erstattungsregeln auf die aktuellen Therapierichtlinien medizinischer Fachgesellschaften Bezug nehmen sollten: „Es kann nicht sein, dass für die Erstattung von Arzneimitteln Regeln zur Anwendung kommen, die vor vielen Jahren nach Erstzulassung zwischen Anbietern und Zahlern vereinbart und dann nicht mehr gemäß aktueller Studienlage und Evidenz angepasst wurden. Denn die Medizin hat sich meist in dieser Zeit mit Riesenschritten weiterentwickelt und eröffnet womöglich neue Therapieansätze, die im alten Regularium nicht abgebildet sind. Dies trifft insbesondere Patient:innen mit chronischen Erkrankungen wie etwa Diabetes mellitus.“
Die Forderungen: