Ein Rohbericht des Rechnungshofes zur Fusion der Sozialversicherungen wirbelt kräftig Staub auf. Im Gesundheitswesen geht nun die Sorge vor Einsparungen um.
Ein Rohbericht des Rechnungshofs (RH) zur Krankenkassenreform der ÖVP-FPÖ-Regierung lässt die Wogen bei Opposition und im Gesundheitswesen hochgehen. Demnach existiert die von der damaligen Regierung propagierte „Patientenmilliarde“, die direkt den Versicherten hätte zugutekommen sollen, nicht. Anstelle dieser Einsparung habe sich stattdessen ein Mehraufwand von 214,95 Millionen ergeben, kritisiert der Rechnungshof laut einem Online-Bericht des Nachrichtenmagazins „profil“. Wirklich überraschend kommt die Erkenntnis nicht, zuletzt hatte Gesundheitsminister Johannes Rauch (Grüne) im RELATUS-Interview erklärt: „Ich bin permanent auf der Suche nach der versprochenen Patientenmilliarde, die die Kassenzusammenlegung durch Einsparungen hätte bringen sollen. Ich habe sie bis jetzt nicht gefunden.“ Ähnlich ging es nun offenbar auch dem Rechnungshof.
Die Prüfer verglichen die tatsächlichen Verwaltungskosten und die Prognosen für das Jahr 2023, die aus dem Februar 2022 stammen, mit den Einsparungszielen der Regierung aus dem Jahr 2018. Das Soll wurde dabei um 1,21 Milliarden gesprengt. Aus Sicht des Rechnungshofes war das Ziel von ÖVP und FPÖ aus dem Jahr 2018 aber ohnehin unrealistisch: Die damalige Regierung habe zwar mit Fusionskosten gerechnet, diese aber nicht beziffert. Auch die Opposition zerriss die einstige türkis-blaue Maßnahme am Samstag. Für SPÖ-Gesundheitssprecher Philip Kucher ist die seinerzeit versprochene Patientenmilliarde nun endgültig ein „Schmäh“. „Die Regierung muss Schluss damit machen, die Versicherten am Schmäh zu führen“, meinte NEOS-Sozialsprecher Gerald Loacker. ÖGB-Präsident Wolfgang Katzian will das Gespräch mit Rauch suchen, wie er zur APA sagte: „Aus dem einstigen ‚Leuchtturmprojekt‘ ist ein Unterseeboot geworden, das nun so schnell wie möglich gestoppt werden muss.“
Auch die Ärztekammer sah sich in ihrer anfänglichen Kritik bestätigt. „Entweder hat die Regierung uns angelogen oder das Management hat versagt. Jedenfalls muss der Scherbenhaufen, der da verursacht wurde, so schnell wie möglich aufgeräumt werden“, forderte ÖÄK-Präsident Johannes Steinhart. Den Landesstellen müssten dringend ihre Kompetenzen zurückgegeben werden und die aktuelle Regierung sei aufgefordert, „massiv Geld in die Österreichische Gesundheitskasse zu pumpen.“ Nur so könne der Schaden noch repariert werden, der seit der Ankündigung noch angewachsen ist und daher eine noch größere Finanzspritze erfordere.
ÖGK-Generaldirektor Bernhard Wurzer verteidigte am Sonntagabend in der ORF-ZIB 2 die Fusion der Krankenkassen, die versprochene Milliarde sei aber eine politische Aussage gewesen. Bei Verwaltungskosten in der Höhe von 600 Millionen Euro sei eine Einsparung von einer Milliarde schwierig. Zudem verursache eine Fusion zu Beginn auch Kosten. „Wir haben aber auch zwei Milliarden mehr als Leistungen für die Versicherten ausgegeben – etwa durch Harmonisierungen. Das anerkennt auch der Rechnungshof. Das ist die größte Fusion Österreichs mit 13.000 Beschäftigten, man muss ihr auch Zeit geben.“ (rüm/APA)