Im Hintergrund der steigenden Infektionszahlen ist ein Streit über Teststrategie und Nachverfolgung von Kontakten entbrannt. Im Zentrum stehen das Rote Kreuz auf der einen Seite und der AKH-Virologe Christoph Steininger und sein Unternehmen LEAD Horizon auf der anderen. Das Gesundheitsministerium prüft.
Die jüngsten Debatten über den Vorschlag von Bundesrettungskommandant des Roten Kreuzes, Gerry Foitik, die Teststrategie zu ändern und Kontakte über die Hotline 1450 zu digitalisieren, sind um eine Facette reicher. Weil das Rote Kreuz, das auch die Corona-App entwickelt hat, für die Digitalisierung der Tests ein Angebot in der Höhe von drei Millionen Euro vorgelegt hat, hat AKH-Virologe Christoph Steininger ein Schreiben an Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) gerichtet. Er wirft dem Roten Kreuz die „egoistische Blockade der Pandemiebekämpfung“ vor. Als Indiz für die Blockade durch das Rote Kreuz führt Steininger an, dass Foitik in seinem Vorschlag eben drei Millionen Euro für die Digitalisierung der Tests veranschlagt, „obwohl es diese bereits als patentiertes Produkt von LEAD Horizon (Steiningers Unternehmen, Anm.) gibt und eben vom Roten Kreuz „seit Monaten bekämpft wird“, schreibt Steininger.
LEAD Horizon vertreibt Selbsttests an Apotheken und Drogeriemärkte und bietet auch die digitale Infrastruktur an, um Testergebnisse einer bestimmten Person zuzuordnen: Eine ähnliche Technik, wie sie Foitik in seinem Papier vorschlägt, sie aber neu aufzustellen vorschlägt. Eine Kooperation mit dem Unternehmen habe das Rote Kreuz abgelehnt. Rotkreuz-Generalsekretär Michael Opriesnig reagierte in einer Stellungnahme mit Verwunderung auf Steiningers Vorwürfe: Dessen Aussagen kenne man nur aus den Medien und könne nicht nachvollziehen, warum er diese treffe. Opriesnig hielt fest, „dass wir weder gegen Herrn Steininger, noch gegen sein Unternehmen irgendwelche Vorbehalte haben. Im Gegenteil: wir wünschen ihm mit seinem Produkt viel Erfolg.“ Das Rote Kreuz plane nicht im Geringsten, eine ähnliche Dienstleistung anzubieten und hat auch keine Präferenz, welches Unternehmen – sollten Digitalisierungsmaßnahmen bei Testungen und Contact-Tracing umgesetzt werden – von den vergebenden Behörden beauftragt wird“, sagte der Generalsekretär.
Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) sagte am Rande einer Pressekonferenz, die Vorwürfe würden ernst genommen und überprüft. Den Streit findet er „sehr bedauerlich“. Anlass sofort einzugreifen sieht der Minister keinen. „Ich bin nicht der Streitschlichter“, konstatierte Anschober. Die große Herausforderung der Pandemie lasse sich nur gemeinsam lösen, appellierte Anschober an die Beteiligten. (rüm)