Die EU wirft dem Pharmakonzern AstraZeneca eine „eklatante Verletzung“ des Impfstoffvertrag vor. Jetzt laufen Verhandlung vor einem belgischen Gericht zu Lieferverzögerungen.
Wegen Lieferverzögerungen beim Corona-Impfstoff wirft die EU-Kommission dem Hersteller AstraZeneca vor Gericht eine „eklatante Verletzung“ von Vertragspflichten vor. Das britisch-schwedische Unternehmen habe „nicht alle ihm zur Verfügung stehenden Instrumente eingesetzt“, um die EU rechtzeitig zu beliefern, sagte Anwalt Rafaël Jeffareli, der die EU-Kommission und die Mitgliedstaaten vertritt, am Mittwoch in Brüssel. AstraZeneca weist die Forderungen der EU zurück: Der Vertrag schreibt demnach lediglich vor, dass das Unternehmen sich bestmöglich anstrenge, um die vereinbarten Ziele zu erreichen. Man habe das Advance Purchase Agreement mit der Europäischen Kommission vollständig eingehalten, sagt der Konzern.
Im Rechtsstreit mit AstraZeneca fordert die EU-Kommission millionenschwere Zwangsgelder, um bestellten Corona-Impfstoff rasch zu bekommen. Für jede mehr als drei Monate verspätet gelieferte Dosis solle der britisch-schwedische Hersteller zehn Euro pro Tag zahlen, beantragte die Brüsseler Behörde nach Angaben eines Sprechers am Mittwoch vor dem zuständigen belgischen Gericht. Dies solle ab 1. Juli für die Impfdosen gelten, die dann noch aus Zusagen für das erste Quartal ausstehen. Ab 1. Oktober solle der Hersteller für fehlende Mengen aus dem zweiten Quartal zahlen. Darüber hinaus fordert die Kommission für jede vom Gericht festgestellte Vertragsverletzung zehn Millionen Euro pro Tag, bis die Vereinbarungen eingehalten werden. Das Unternehmen habe „50 Millionen Dosen in Drittstaaten abgezweigt“, formuliert Jeffareli. Die EU hatte im vergangenen Jahr insgesamt 300 Millionen Dosen bei AstraZeneca bestellt. Statt 120 Millionen Dosen im ersten Quartal lieferte das Unternehmen aber nur 30 Millionen. Es verwies dabei auf anfängliche Produktionsprobleme. Aber auch für das zweite Quartal sagte AstraZeneca dann nur 70 statt der vereinbarten 180 Millionen Dosen zu. Die Lieferverzögerungen hatten die EU-Impfkampagne im Winter schwer belastet. Für Verärgerung in der EU hatte insbesondere gesorgt, dass die Lieferungen von AstraZeneca an Großbritannien nicht eingeschränkt worden seien. Die EU-Kommission hatte AstraZeneca deshalb Ende April vor der belgischen Justiz verklagt. Sie fordert die Lieferung der fehlenden Dosen 200 Millionen Dosen aus dem noch bis Mitte Juni laufenden Vertrag und will ansonsten Schadenersatz verlangen. (APA)