30 bis 40 Prozent der Schmerzmittelkonsument:innen nehmen offenbar Medikamente, ohne dass körperliche Schmerzen vorliegen. Schmerzmediziner:innen sind besorgt.
Das Thema Schmerzmittelkonsum wird auch in Deutschland und Österreich zunehmend zu einem Problem – dies zeigt die weltweite Literaturrecherche einer Köln-Koblenzer Forschungsgruppe, in der die Daten von über 6.000 Studien ausgewertet wurden. Die Ergebnisse wurden jetzt im Deutschen Ärzteblatt publiziert. Schätzungsweise 1,9 Millionen Menschen in Deutschland nehmen täglich Schmerzmittel ein, bei 1,6 Millionen besteht eine Schmerzmittelabhängigkeit. 30 bis 40 Prozent der Schmerzmittelkonsument:innen tun dies, ohne dass körperliche Schmerzen vorliegen, so das Ergebnis einer Befragungsstudie des Robert-Koch-Instituts. Und aus den Daten des Epidemiologischen Suchtsurveys geht hervor, dass der schädliche Schmerzmittelkonsum mit 7,6% deutlich höher liegt als der von Alkohol mit 2,8%. Die Abhängigkeit von Schmerzmitteln wiederum liegt mit 3,2% auf einem ähnlichen Niveau liegt wie die Alkoholabhängigkeit (3,1%).
„Wir wissen, dass sich Daten aus Deutschland meist auch auf Österreich umlegen lassen. Gerade die genannten Zahlen machen deutlich, wie wichtig es ist, dass Schmerzpatient:innen, etwa bei neuropathischen Schmerzen, frühestmöglich bei speziell ausgebildeten Schmerzmediziner:innen vorstellig werden. Die anderweitige Suche nach Hilfe, auf welchem Weg auch immer, erhöht hingegen das Risiko und verlängert leider oftmals auch die Leidensdauer ohne adäquate Abhilfe“, erklärt der Generalsekretär der Österreichischen Schmerzgesellschaft ÖSG, Rudolf Likar, vom Klinikum Klagenfurt am Wörthersee auf RELATUS-Anfrage. Zum Thema Ausbildung und Expertise unterstrich Likar weiters, dass es in Österreich derzeit in der Schmerzmedizin das Schmerzdiplom gebe, das aus 120 Stunden Theorie und 80 Stunden Praxis besteht. Er plädierte dafür, Interdisziplinarität in der Ausbildung zu verankern. Und: „Wir versuchen seit Jahren, ein Zertifikat für Schmerzmedizin im Krankenhaus zu erwirken. Eine weitere Ausbildung mit 400 Stunden Praxis und 80 Stunden Theorie wäre sinnvoll.“ (rüm)
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