Bereits seit mehreren Monaten wirbt das Wirtschaftsministerium dafür, dass die heimische Produktion im Pharmasektor ausgebaut wird. Nun wurde eine neue Studie dazu veröffentlicht.
Mit einer Studie hat Ministerin Margarethe Schramböck (ÖVP) untermauern lassen, wo es Potenzial für die Pharmabranche gibt: Österreich könnte sich Sonderstellungen bei der Produktion aufbauen. In Österreich gibt es laut der Ministerin rund 900 Unternehmen im Pharma- und Life-Science-Bereich mit insgesamt rund 55.500 Beschäftigten. Der Fokus liege aber vor allem auf Forschungsleistungen, geht aus der am Montag präsentierten Studie des Chefökonoms der Industriellenvereinigung und Leiters des Economica Institut für Wirtschaftsforschung, Christian Helmenstein, im Auftrag des Wirtschaftsministeriums hervor.
Bei der Produktion sei Österreich häufig von internationalen Lieferketten abhängig. Nur ein gutes Drittel der Vorleistungsgüter für Pharma- und Life-Science-Produkte werden laut der Studie im Inland produziert. In acht Vorleistungssektoren könne Österreich in diesem Sektor sogar überhaupt keine Produkte anbieten und sei komplett importabhängig, erklärte Helmenstein. Der Gutteil der Importe komme zwar aus der EU, dennoch berge die Situation Versorgungsrisiken, die es mit einer gezielten Ansiedlungsstrategie zu minimieren gelte. Dafür müssten in erster Linie „bessere, wetterfestere Verträge für den europäischen Binnenmarkt“ geschaffen werden, mit denen auch in Krisenzeiten wie in der Pandemie 2020 sichergestellt ist, dass die Lieferketten innerhalb der EU funktionieren, sagte Helmenstein.
Weiters könnte sich Österreich im Rahmen einer gezielten Ansiedlungsstrategie auf Substanzen stützen, für die es in der gesamten EU noch keine Produktion gibt und sich hier eine Sonderstellung schaffen. Bei der Penicillin-Produktion in Kundl in Tirol sei das beispielsweise bereits der Fall. In keinem anderen westlichen Land wird derzeit Penicillin produziert. Eine solche Strategie sei auch für andere Pharmaprodukte denkbar. Auch der Schutz von geistigem Eigentum müsse weiter ausgebaut werden, um Arbeitsplätze in der Forschung in Österreich beziehungsweise in der EU zu halten. Denn wenn zu viele Patente freigegeben werden, wandere langfristig auch die Forschung ab, sagte Schramböck. Mit der Pharmabranche dürfe nicht dasselbe passieren, wie mit dem IT-Sektor, in dem Europa einst Vorreiter bei Forschung und Innovation war, diesen Status mittlerweile jedoch verloren hat.
Um die Pharmaproduktion in Österreich ausbauen zu können, hat das Wirtschaftsministerium bereits Ende Juni zwei Initiativen angekündigt. So werde über den Sommer eine Arbeitsgruppe eine Standortstrategie erarbeiten. Die ersten Ergebnisse sollen bereits in Alpbach präsentiert werden, bis Ende des Jahres soll die Strategie stehen, so Schramböck. Weiters gibt es bis zum 6. September den Aufruf des Ministeriums an Unternehmen, mit Projekten zu den Themen Pharma, Life Science und Gesundheit ihr Interesse an Förderungen zu bekunden. Hier wolle die Ministerin weiter Druck auf andere Länder machen, damit möglichst viele mitmachen. Die Projekte sollen dann über das EU-Programm Important Projects of Common European Interest (IPCEI) gefördert werden. Außerdem wurde ein Matchmaking-Prozess gestartet, der große und kleine Unternehmen im Pharmabereich besser vernetzen und so die Zusammenarbeit stärken soll. (red/APA)