Die in der Opioid-Krise schwer unter Druck geratenen amerikanischen Pharmakonzerne können teilweise aufatmen. In ersten Urteilen wurden frühere Verurteilungen gekippt.
Der Oberste Gerichtshof des US-Bundesstaats Oklahoma hat ein historisches Urteil gegen den Pharmariesen Johnson & Johnson in der Opioid-Krise gekippt. Das Gericht hob damit eine Verurteilung des Konzerns zu 465 Millionen Dollar Strafe auf. Ein Gericht hatte Johnson & Johnson 2019 in einem Zivilprozess schuldig befunden, „irreführendes“ Marketing für suchtgefährdende Schmerzmittel betrieben zu haben. Die Verurteilung erfolgte auf Grundlage eines Gesetzes zu sogenannten öffentlichen Ärgernissen. Gemeint sind damit Handlungen, die der Allgemeinheit schaden. Der Supreme Court von Oklahoma urteilte nun aber, dieses Gesetz sei nicht auf Herstellung, Marketing und Verkauf von verschreibungspflichtigen Opioiden anwendbar. „Die Handlungen des Opioid-Herstellers haben kein öffentliches Ärgernis geschaffen“, heißt es in dem Urteil.
Pharmakonzernen wie Johnson & Johnson und Purdue sowie Medikamentengroßhändlern wird eine Mitverantwortung an der Opioid-Krise in den USA vorgeworfen. Sie sollen in ihrem Marketing absichtlich verschleiert oder verharmlost haben, dass die rezeptpflichtigen Schmerzmittel süchtig machen können. Viele der abhängig gewordenen Patienten griffen später zu Drogen wie Heroin oder synthetischen Opiaten. An den Folgen einer übermäßigen Einnahme von Opioiden sind in den USA in den vergangenen 20 Jahren nach Angaben der Gesundheitsbehörde CDC mehr als eine halbe Million Menschen gestorben.
Pharmafirmen wurden im Zusammenhang mit der Krise von dutzenden US-Bundesstaaten und -Verwaltungsbezirken verklagt. Den Unternehmen wird vorgeworfen, die Risiken starker Opioid-Schmerzmittel aus Profitgier verharmlost zu haben. Ende Juli stimmten vier Unternehmen der Pharmabranche, darunter auch Johnson & Johnson, einem milliardenschweren Vergleich zu. Mit 26 Milliarden Dollar sollen unter anderem Behandlungen und Präventionsmaßnahmen finanziert werden. Durch den Vergleich wurden zahlreiche vor Gericht anhängige Schadenersatzforderungen beigelegt. Johnson & Johnson erklärte im Juni zudem, die Produktion und den Verkauf von verschreibungspflichtigen Opioid-Medikamenten in den USA eingestellt zu haben.
Neben der Entscheidung in Oklahoma gab es nun aber auch eine in Kalifornien. Dort erklärte ein Richter in seinem vorläufigen Urteil, klagende Landkreise hätten mit ihrer 50 Milliarden Dollar schweren Schadenersatzklage nicht überzeugen können. Die Konzerne könnten nicht für die Folgen von medizinisch begründeten Verschreibungen opioidhaltiger Schmerzmittel haftbar gemacht werden, begründete er seine Entscheidung. Dies gelte selbst dann, wenn in den Marketingunterlagen der Hersteller falsche oder irreführende Aussagen über Risiken und Vorteile der Medikamente aufgeführt gewesen sein sollten. Die Pharmafirmen begrüßten die Entscheidung. (red/APA)