US-Zölle: Drohen jetzt Lieferengpässe bei Medikamenten?

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Die Pharmaindustrie reagiert auf die erwarteten Zollerhöhungen von US-Präsident Donald Trump am 2. April. Analyst:innen sehen negative Folgen für die Versorgung.

Die USA sind für die Pharmaindustrie ein zentraler Markt und die jüngsten Entwicklungen könnten auch Europa treffen. Laut Eurostat beliefen sich die Arzneimittel- und Pharmaexporte der EU in die USA im Jahr 2023 auf rund 90 Milliarden Euro. Die Pharmaindustrie trifft angesichts der erwarteten Zollerhöhungen durch US-Präsident Trump Vorkehrungen und fliegt offenbar verstärkt Medikamente in die USA ein. Die Branche befürchtet, dass US-Zölle auch für in Europa produzierte Arzneimittel kommen.

Zwei europäische Pharmakonzerne berichteten der Nachrichtenagentur Reuters, dass sie zuletzt so viele Arzneimittel wie möglich über den Atlantik geschickt hätten – und gehört hätten, dass andere Firmen dasselbe tun. Auch Logistikkonzerne bestätigen entsprechende Lieferaufträge. Irland, einer der größten Arzneimittelexporteure in die USA, meldete im Jänner einen sprunghaften Anstieg der Medikamentenexporte dorthin. Laut Analyst:innen haben in diesem Jahr auch die Medikamentenexporte aus Frankreich, Deutschland, Italien, Spanien und Großbritannien in die USA zugenommen. Medikamente, die in Europa fehlen könnten.

Pharmazeutische Produkte blieben aufgrund der potenziellen Gefahren lange Zeit von Handelskriegen verschont. Doch Trumps Entscheidung, die Zölle auf Waren aus China zu erhöhen, sowie eine erste Zollrunde zwischen den USA und der EU auf Waren wie Stahl und Bourbon, haben die Erwartung geweckt, dass auch Medikamente auf die Liste kommen werden. Die Unsicherheit über mögliche Zölle belastet jedenfalls die Aktien europäischer Pharmakonzerne. Investoren und Analysten erklärten gegenüber Reuters, dass die Kurse von Unternehmen wie Novo Nordisk und AstraZeneca deshalb unter Druck geraten seien. Der europäische Gesundheitssektor-Index fiel am Donnerstag um 0,7 Prozent und erreichte den tiefsten Stand seit Trumps Amtsantritt am 20. Jänner.

US-Gesundheitsminister Robert F. Kennedy Jr. plant indes einen drastischen Stellenabbau in seinem Ministerium. Rund 10.000 Vollzeitstellen sollen abgebaut und die Hälfte der Regionalbüros geschlossen werden, wie er am Donnerstag ankündigte. „Wir bauen nicht nur bürokratische Strukturen ab. Wir richten die Organisation neu auf ihre Kernaufgabe und unsere neuen Prioritäten aus, nämlich die Eindämmung der Epidemie chronischer Krankheiten“, sagte Kennedy am Donnerstag. 28 Bereiche des Ministeriums sollen in 15 neue Abteilungen aufgehen, darunter eine neue Administration for a Healthy America (AHA).

Die US-Gesundheitsbehörde FDA kämpft unterdessen nach der Kündigung zahlreicher Mitarbeiter:innen mit der Einhaltung von Fristen für die Prüfung von Medizinprodukten und Tabakwaren. Zwei an den Prüfungen beteiligte Wissenschafter sagten der Nachrichtenagentur Reuters, dass sie nun doppelt so viele Anträge bearbeiten müssten wie zuvor. Um die verbleibenden Fristen einzuhalten, seien andere Aufgaben zurückgestellt worden, darunter die frühe Beratung zu geplanten Produktanträgen. Die Industrie zeigt sich besorgt, denn oft wird für neue Medikamente zuerst ein Zulassungsantrag in den USA gestellt, der dann auch richtungsweisend für Europa ist. (red/APA)